Jonathan Lee: Der große Fehler

Pressebild Jonathan Lee Fotocredit Beowulf Sheehan

In seinem Debütroman „Der große Fehler“ porträtiert Jonathan Lee das Leben des New Yorker Städteplaners Andrew H. Green in bester amerikanischer Erzähltradition

Der Roman beginnt mit einer kriminalistischen Tat und entpuppt sich als ein schillerndes Portrait einer der wichtigsten, aber fast in Vergessenheit geratenen New Yorker Persönlichkeiten. Am Freitag, dem 13. November 1903 wird Andrew Haswell Green von einem Schwarzen auf offener Straße vor seinem Haus erschossen. An den „Vater von Greater New York“, wie ihn u.a. die New York Times titulierte und an den nur noch eine Steinbank mit eben dieser Innschrift im Central Park erinnert, war zum Zeitpunkt seines unnatürlichen Ablebens 83 Jahre alt und für einige elementare Bauten New Yorks verantwortlich.

Jonathan Lee nähert sich Andrew Green auf empathische Weise

Jonathan Lee Der große Fehler Cover Diogenes Verlag

Green sorgte für die Verbindung von New York und Brooklyn, die „seine Kritiker als den Großen Fehler von 1898“ bezeichneten; er war maßgeblich an der Gründung der New York Public Library beteiligt und Andrew H. Green war der Planer des berühmten Central Park. In seinem Debütroman zeichnet Jonathan Lee das Leben Greens detailliert, empathisch und mit feinsinnigem Humor nach. Andrew Green wuchs in dörflichen und eher ärmlichen Verhältnissen in Massachusetts auf. Seine Mutter verlor er im Alter von zwölf Jahren, sein Vater heiratete insgesamt vier Mal, die Geschwisterzahl wuchs in den zweistelligen Bereich. Seine Lieblingsschwester weist ihm den Weg zur Literatur, nachdem sie in einem Brief an den Vater die Besorgnis kundtut, Andrew werde wegen seiner Abneigung gegen das Lesen womöglich „nie ein eleganter Mann“.

Die Beziehung zwischen Andrew Green und Samuel Tilden

Mit 15 wird er von seinem Vater nach New York in einen Gemischtwarenladen zum Geldverdienen geschickt. Dort begegnet er dem Juristen und späteren Politiker Samuel Tilden. Tilden wird Greens Mentor, bester Freund und große Liebe. Eine Liebe, die aufgrund von Tildens politischen Ambitionen, die ihn bis zum Amt als Gouverneur von New York und zum Präsidentschaftskandidaten führten, unterdrückt im Verborgenen blieb. Die Karriere Andrew Greens erfuhr nur einen kleinen Knick, der ihn einen lehrsamen Aufenthalt in Trinidad einbrachte, bevor er an der Seite Tildens bis zum bekanntesten Städtebauplaners New Yorks seiner Zeit avancierte.

In bester amerikanischer Erzähltradition

Die Biographie Greens erzählt der 1981 im englischen Surrey geborene und mittlerweile in New York lebende Jonathan Lee abwechselnd mit der Ermittlungsstory des von Inspektor McClusky geleiteten Mordfalls. Lee hält sich hierbei jedoch nicht an strikte zeitliche Grenzen und verwebt geschickt die Vergangenheit der 19. Jahrhunderts mit der Gegenwart des beginnenden 20. Jahrhunderts. Mit seinem reflektierten und klugen Stil erweist Jonathan Lee der klassischen amerikanischen Erzähltradition und Erzählkunst alle Ehre. So facettenreich das Leben Greens, so abwechslungsreich dieser großartige Roman Lees.

Jonathan Lee: „Der große Fehler“, Diogenes, übersetzt von Werner Löcher-Lawrence, Hardcover, 368 Seiten, 978-3-257-07191-7, 25 Euro. (Beitragsbild von Beaowulf Sheehan)

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