Jonathan Jeremiah: Horsepower For The Streets

Jonathan Jeremiah by Glenn Dearing

Mit „Horsepower For The Streets“ liefert Jonathan Jeremiah ein zeitlos schönes Soul-Album ab

Der 1980 geborene Jonathan Jeremiah klang schon immer wie ein Alter, wie ein Star aus den Siebzigern, irgendwo zwischen dem sonnigen Kalifornien und dem Süden der USA ansässig. Doch Pustekuchen. Jeremiah ist Brite, seine Einflüsse speisen sich aus der umfangreichen Plattensammlung seiner Eltern und weniger aus einem, weniger inspirierend als erhofft abgelaufenem USA-Trip in seinen Zwanzigern. Gesegnet mit einer soulfullen Baritonstimme verzauberte er 2011 mit „A Solitary Man“, ein Album, reich an großflächigen Arrangements, die seine Stimme unterstützen und trotz epischer Breite nie überladen wirken.

Jonathan Jeremiah betreibt seine Soul-Mixtur zur Perfektion

Jonathan Jeremiah Horsepower For The Streets Cover PIAS Recordings

Eine kinematographische Wirkung fast, die verrät, dass Jeremiahs Einflüsse über Soul und Laurel Canyon hinausgehen und die Soundtracks eines Lalo Schiffrin („Bullitt“, „Mission Impossible“) oder John Barry („Jeseits von Africa“, „The Cotton Club“) einen ebenso großen Impact auf sein Schaffen haben. „Horsepower For The Streets“ ist der Nachfolger des 2018 veröffentlichten und von uns an dieser Stelle rezensierten „Good Day“, und konzeptionell hat sich an Jeremiahs fünftem Album musikalisch nichts verändert. Wer sich in sein Debüt-Album verliebt hat wird den Neuling nicht links liegen lassen können, weil diese spezifische Mixtur aus den beschrieben Einflüssen hier zur Perfektion betrieben wird. Geschrieben während einer Frankreich-Tour und aufgenommen mit einem zwanzigköpfigen Streichorchester in einer Kirche in Amsterdam, bietet Jeremiah hier elf neue Stücke, die konzeptionell miteinander verbandelt sind und eine Geschichte erzählen von Sorgen, Nöten, Zweifeln, Alleinsein und Vertrauen.

Meisterliche Verarbeitung anachronistischter Bausteine

Musikalisch wird dies in immer kleiner werdenden Arrangements dargeboten, vom Cinemascope-Sound im eröffnenden Titelstück bis zum Closer „Sirens In The Silence“, bei dem die Streicher nur noch verhalten Spannung erzeugen. Das ist alles zugegebenerweise nicht wirklich originell und eher zeitlos im Sinne von eskapistisch, aber eben auch im Sinne von allzeit aktuell. Düstere, egozentrische Themen mit Hoffnungsschimmer um das ganze Elend da draußen auszublenden – wer sich sowas nicht wenigstens ab und an gönnen mag und ob solcher Rohstoffverarbeitung vielleicht sogar wütend wird, ist hier definitiv falsch. Alle anderen werden ihre schwelgerische Freude haben an dieser meisterlichen Verarbeitung anachronistischer Bausteine, bei denen, neben Stimme oder Streichern, vor allem der Chor begeistert. Wenn es nicht so platt klingen würde, könnte man diese ganze Kritik auf ein einziges Wort beschränken: Wunderschön.

„Horsepower For The Streets“ von Jonathan Jeremiah erscheint am 09.09.2022 bei PIAS Recordings. (Beitragsbild von Glenn Dearing)

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