Neben Eigenkompositionen stehen zahlreiche Coverversionen von Rocksongs im Mittelpunkt des neuen Albums von John Scofield
von Sebastian Meißner
Schon auf seiner letzten Tour durch Deutschland spielte John Scofield zahlreiche Stücke aus seiner Adoleszenz. Musik, die ihn auf die ein oder andere Art und Weise geprägt und bei ihm nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Musik von The Grateful Dead, Pharoah Sanders, Neil Young, und Bob Dylan. Vieles davon findet sich auf „Uncle John’s Band“ wieder. Insgesamt 14 Stücke hat der inzwischen 71-Jährige dafür – gemeinsam mit Bassist Vincente Archer sowie Drummer Bill Stewart eingespielt.
Vital und reaktionsschnell bei „Mr. Tambourine Man“
Los geht es mit „Mr Tambourine Man“ von Dylan, das Scofield seinerzeit aber vor allem in der Version der Byrds inspiriert hat. Hier
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nimmt sich das Trio satte neun Minuten Zeit für seine Interpretation. Nachdem das Trio die bekannte Melodie zum Besten gibt, wagt sie sich auf das Feld der Improvisation. Freies Spiel statt fester Form – gerade in solchen Passagen hört man, wie vital und reaktionsschnell dieses Trio ist. Nach beinahe fünf aufregenden Minuten finden sie beeindruckend entspannt zur Komposition zurück, als sei es das einfachste der Welt. Ein perfekter Start für diese Platte.
Ein beseelter John Scofield
In der ersten Hälfte der Platte finden sich weitere Highlights. Die Eigenkomposition „How Deep“ in der Standard 32-Bar Jazz-Form, swingt vor allem wegen Archers treibendem Bass so höllisch intensiv, dass es einem schon beim Hören die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Stiller und sehr anrührend sind dann „Nothing Is Forever“, das der Gitarrist seinem 2013 verstorbenen Sohn Evan widmet, sowie „Old Man“, im Original von Neil Young, in dem Scofields Gitarrenspiel und Feel besonders beseelt sind.
John Scofield und The Grateful Dead
Die zweite Albumhälfte bietet neben drei Eigenkompositionen weitere vier Cover. Während Leonard Bernsteins „Somewhere“ (aus West Side Story) nah am Original bleibt, entfernt sich der Songbook-Klassiker „Stairway To The Stars“ doch deutlich weiter weg. Das Highlight jedoch ist der titelgebende Song von The Grateful Dead. Scofield habe das von Phil Lesh kennengelernt. Auch hier gibt es wieder einen langen Improvisationsteil. „I feel like we can go anywhere“ schreibt Scofield in den Liner Notes. Den Beweis erbringt das Trio auf diesem superben Doppelalbum. Wie selbstverständlich rühren Scofield, Archer und Stewart Jazz, Funk, Folk und Swing zusammen. Der hohe Improvisationsanteil sorgt zudem für permanente Spannung. Höchste Punktzahl.
„Uncle John’s Band“ von John Scofield erscheint am 13.10.2023 bei ECM Records. (Beitragsbild von Maxim Schulz)