John Cale: Mercy – Albumreview

John Cale credit Marlene Marino

Mit zahlreichen Gästen wie Weyes Blood und Fat White Family hat John Cale sein siebzehntes Album „Mercy“ eingespielt

81 Jahre alt wird John Cale in diesem März. In einem Alter, in dem die meisten Menschen darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller wäre endlich den Führerschein abzugeben, geht Cale auf Tournee, um ein brandneues Soloalbum zu promoten. Sein Siebzehntes. Allein das ist schon hochgradig respektabel, selbst wenn das neue Album Murks wäre (Spoiler: Ist es nicht). Oder er nicht vor und neben dieser Diskographie von Eigengewächsen nicht noch mit unzähligen Kollaborationen in die Geschichte der Rock- wie Avantgardemusik eingegangen wäre, die diese maßgeblich beeinflussten. Kollaborationen mit Menschen unterschiedlichster musikalischer Couleur wie z.B. Brian Eno, Kevin Ayers, Terry Riley, La Monte Young, Patti Smith, The Stooges, Element Of Crime undundund. Ach ja, ebenso mit Nico, Maureen Tucker und Lou Reed. Einzeln oder bei The Velvet Underground – „Die meist kopierte Rockband ever“, so Diedrich Diedrichsen 2012 in der SZ.

Kultige Kollaborationen

John Cale Mercy Cover Domino Recordings

„Der große Solitär“ (Jörg Feyer im Rolling Stone) veröffentlicht nun also zwölf brandneue Songs, nennt das Bündel wie den Opener „Mercy“ und beschränkt sich dabei, anders als Little Simz auf ihrem letzten Geniestreich, auf die englische Bedeutung dieses Wortes. Ein paar Gäste hat „der Solitär“ dann aber doch dabei – und zwar die Sorte Gäste, die ihn als profunden Kenner unterschiedlicher Musikszenen ausweisen. Künstler:innen mit hervorragendem Ruf, aber nicht zwangsläufig damit einhergehendem verdienten Bekanntheitsgrad (sieht man mal ab von Weyes Blood, bei der sich das gerade zu ändern scheint). Das bereits im Vorfeld veröffentlichte, siebenminütige „Story Of Blood“ mit eben dieser protzt dabei nicht mit einer besonders akustisch wahrnehmbaren Beteiligung dieser Songwriterin, die sich 2022 in fast allen Jahresbestenlisten einen vorderen Platz erstritt.

Besagter Titelsong zu Anfang, „Mercy“, featured die Elektronik-Innovatorin Laurel Halo, mit der er bereits 2015 zusammen arbeitete. Fat White Family, Animal Collective, Actress, Sylvan Esso sowie Tei Shi aus Argentinien sind weitere Partner:Innen auf diesem meist elegischem, oft melancholisch/nostalgischem (wenn David Bowie oder Nico gedacht wird) und meist pessimistisch (Das Klima. Die Welt.) anmutendem Werk, welches fast durchweg düster-wabernd sowie atmosphärisch stimmig, aber selten wirklich begeisternd oder komplett faszinierend daher kommt. Eine Erwartungshaltung, die ohne die Vita Cales nicht vorhanden wäre und daher nicht als Vorwurf verstanden werden darf.

Das Geschenk des John Cale

Aber vielleicht ist uns der Meister auch mal wieder Lichtjahre voraus und das Produkt zündet erst verspätet in Gänze – es wäre ja nicht das erste Mal. Dass er uns neben sowie mit diesen Songs im Februar noch mit Live-Shows beglückt, ist jedenfalls als ein großes Geschenk anzusehen, welches nicht verschmäht werden sollte.

„Mercy“ von John Cale erscheint am 20.01.2023 bei Domino. (Beitragsbild von Marlene Marino)

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