Joe Pug und Frankie Lee live in Hamburg – Konzertreview

Joe Pug und Frankie Lee halten beim Konzert am 17.11.2015 im Mojo Jazz Café die Fahne des amerikanischen Songwritings hoch

Text und Fotos von Gérard Otremba

Zu Ehren des 70. Geburtstags von Neil Young, den dieser am 12.11. beging, eröffnet der amerikanische Songwriter Frankie Lee sein Konzert im Mojo Jazz Café mit einer eindringlichen Version von „Love Is A Rose“ des kanadischen Rock- und Folkstars. Ausgestattet mit der akustischen Gitarre und einer Harp, entschuldigt sich Lee beim Publikum, es werde ein sehr langsamer Abend, schließlich sei er „still drunk“ von seinem Berlin-Aufenthalt am Vortag. Nun, seinem konzentrierten und aufgeräumten Vortrag tut dies keinen Abbruch. Er erklärt den Konzertbesuchern seine Herkunft aus der Mitte der Vereinigten Staaten von Amerika, aus Minnesota, wo sich früher deutsche und norwegische Auswanderer niedergelassen hätten und wo zwar nicht viel los sei, es aber hübsche Frauen gäbe.

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Ein schöner Trost für den bemerkenswerten Songwriter, der einige Stücke aus seinem prächtigen Debütalbum American Dreamer, wie den Titelsong, „East Side Blues“, „High And Dry“, „Queen Of Carolina“, „Honest Man“ und „Horses“ vorstellt. Frankie Lee steht in der Tradition der Singer-Songwritergrößen Bob Dylan, Neil Young, Ryan Adams und Townes Van Zandt, dessen „White Freightliner Blues“ er auch covert. Dies ist zwar Bürde und Ansporn zugleich, aber Auftreten und Attitüde stimmen bei Frankie Lee und großartige Songs hat er ebenfalls schon aufzuweisen. Beste Voraussetzungen für eine gute Karriere.

Frankie Lee live 2015

Ein ebenfalls herausragendes Singer-Songwriter-Album hat dieses Jahr Frankie Lees Kollege Joe Pug mit Windfall herausgebracht. Der in Austin, Texas, lebende Sänger und Gitarrist wird von Matt Schuessler am Kontrabass und Greg Touhey an der E-Gitarre begleitet. In den folgenden gut 70 Minuten präsentiert der 31-jährige Pug eine schöne Mischung aus seinen drei Langspielplatten und zwei EPs, die in den vergangenen sechs Jahren veröffentlicht worden sind. Ein superber Mix aus Folk, Country, Blues, Americana und Rock’n’Roll. Vom Opener „Burn And Shine“, über „Bright Beginnings“ bis hin zur Zugabe „The Great Despiser“ entwickelt Joe Pug mit seinen beiden Begleitmusikern einen reduzierten, souveränen und gekonnten Midtempo-Flow, der seine poetischen Kurzgeschichten in einen kongenialen Rahmen einbettet.

Joe Pug live 2015

„I Do My Fathers Drugs“ hat die Qualität diverser Tom Waits-Songs, dem solo vorgetragenen „Pair Of Shadows“ liegt eine tiefe romantische Traurigkeit zugrunde und „Hymn #35“ erinnert an frühe Bob Dylan-Talking-Blues-Stücke. Für „Hymn #101“ verlässt das Trio die Bühne, mischt sich unter die Gäste, spielt den Song in der Unplugged-Version und verstärkt den intimen Charakter dieses Konzertes. Mit skurrilen Anekdoten aus dem Tour-Leben der letzten Wochen heitert Joe Pug die Besucher auf und wer wissen möchte, bei welcher Gelegenheit er die „Unendlichkeit berührt“ hat, der muss sein heutiges Konzert im Kölner Blue Shell aufsuchen. Joe Pug und Frankie Lee sind zwei mehr als talentierte Songwriter, die uns hoffentlich auch weiterhin mit vielen so wunderbaren Songs wie beim Gig im Mojo Jazz Café beglücken werden.

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