Jessica Pratt: Here In The Pitch

Jessica Pratt credit Renée Parkhurst

Ihre außergewöhnliche Stimme ist wie immer eine Trumpfkarte von Jessica Pratt. Auf dem neuen Album kommt eine samtige Sixties-Retro-Produktion hinzu.

von Werner Herpell

Man kann den Pazifischen Ozean an der US-Westküste bei diesem Album fast rauschen hören und die kalifornische Abendsonne förmlich spüren (für leider nur knapp eine halbe Stunde): Mit „Here In The Pitch“ verbeugt sich Jessica Pratt vor ihrer Wahlheimat Los Angeles und einigen legendären Pop-Platten, die dort in den 60er-Jahren entstanden. Vor allem der Mann, der mit den Beach Boys die „pocket symphony“ erfand, hat es der 37-jährigen Sängerin angetan: „‚Pet Sounds‘, and Brian Wilson’s production style, I guess that’s always a North Star for me“, sagte sie dem Musikmagazin „Uncut“, das ihre vierte Solo-Veröffentlichung seit 2012 in der Mai-Ausgabe zum „Album des Monats“ kürte.

Mehr als nur Sixties-Hommage

Jessica Pratt Here In The Pitch Cover City Slang

Aber auch den

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Scott Walker der mittleren Sixties zitiert Pratt auf „Here In The Pitch“ ehrfürchtig (im Opener „Life Is“, der zugleich an Phil Spector erinnert), außerdem The Mamas & The Papas, Carole King, gleich mehrfach den Bossa-Nova-Sound von Astrud Gilberto und Antônio Carlos Jobim. Wegen ihres außergewöhnlichen Vortrags – ein zum Kindlichen tendierender, schwereloser, sehr berührender Gesang – sind die neun Lieder gleichwohl nie nur wohlklingende Barock- und Folkpop-Hommage, sondern eigenständige Kunstwerke.

Mit Pauken, Glockenspiel, Baritonsaxophon und Flöte werden Pratts Akustikgitarre und ihre zarten Vocals zeitweise zu einer veritablen „wall of sound“ aufgepumpt. Hinter dem mal orchestralen, mal intim-akustischen Klangbild des Albums stehen ihr Ehemann, Multiinstrumentalist Matt McDermott, und der bewährte Produzent Al Carson. Hinzu kamen Studio-Asse wie Mauro Refosco (Percussion) und Ryley Walker (Gitarre). In den Texten geht es derweil keineswegs immer nur sonnig-sommerlich zu: „I became obsessed with figures emblematic of the dark side of the Californian dream while making this record“, sagt Jessica Pratt und meint damit auch das düstere Ende der Hippie-Ära.

Jessica Pratt fasst sich leider arg kurz

Bei aller Zustimmung zu Pratts wunderbar träumerischer Performance und der samtigen Retro-Produktion von „Here In The Pitch“ – mit nicht einmal 28 Minuten Spieldauer ist das Vergnügen dann doch arg kurz, die Wartezeit von fünf Jahren seit dem Vorgänger „Quiet Signs“ dafür ziemlich lang. „I never wanted it to take this long. I’m just a real perfectionist“, sagt die in San Francisco geborene Singer-Songwriterin entschuldigend zur üppigen Entstehungszeit des kompakten Albums (de facto eher eine EP) vom Sommer 2020 bis zum Frühjahr 2023. „I was just trying to get the right feeling, and it takes a long time to do that.“ Akzeptiert. Aber nur weil das Ergebnis wirklich schön ist.

Das Album „Here In The Pitch“ von Jessica Pratt erscheint am 03.05.2024 bei City Slang. (Beitragsbild von  Renée Parkhurst)

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