Jasmin Schreiber: Marianengraben – Roman

Jasmin Schreiber Pressefoto credit Jasmin Schreiber

Der Debütroman „Marianengraben“ von Jasmin Schreiber wird zur literarischen Herzensangelegenheit des Jahres 2020

In einem Interview für Buchreport behauptet Jasmin Schreiber, das Schreiben sei neben der Depression das Einzige, das sie ganz gut könne. Und das ist vielleicht sogar etwas untertrieben. Inwieweit die Aussage für die Depression stimmt, entzieht sich meiner Kenntnis, ihr Roman „Marianengraben“ zählt aber sicherlich zu den aufregendsten literarischen Debüts des Jahres. Jasmin Schreiber ist Jahrgang 1988, studierte Biologin, bekannte Bloggerin, arbeitet als Kommunikationsexpertin und betätigt sich ehrenamtlich als Sterbebegleiterin und Sternenkinder-Fotografin. In „Mariannengraben“ vereint sie ihre beiden hervorstechenden Merkmale, die Depression sowie das gute Schreiben.

Eine Trauer, so tief wie der Marianengraben

Jasmin Schreiber Marianengraben Cover Eichborn Verlag

Im Marienengraben befindet sich mit 11 000 Metern unterm Meeresspiegel die tiefste Stelle des Weltmeeres. So tief fühlt sich die Trauer und Depression für Schreibers Protagonistin Paula an, die den Tod ihres jüngeren, über alles geliebten Bruders Tim verkraften muss, der während eines Urlaubs ertrank. Der Grund, weshalb die Autorin das erste Kapitel des Buches mit „11000“ betitelt und alle anderen mit langsam sinkenden Zahlen, Paulas langsam steigender Besserung entsprechend. Paula trauert nicht nur, sie macht sich Vorwürfe. Vorwürfe, den Urlaub aufgrund eines Konzertbesuchs nicht mitgemacht und auf Tim nicht aufgepasst zu haben. Friedhofsbesuche tagsüber lehnt sie aus diversen Gründen ab, und so wuchtet sie ihren etwas molligen Körper eines Nachts über die Friedhofsmauer, um Tims Grab zu besuchen. Auf dem Friedhof trifft sie zufällig Helmut, der die Urne seiner Ex-Frau entwendet. Ein offenstehendes Versprechen ihr gegenüber zwingt ihn zu dieser Tat. Fortan werden Paula und der alte und kranke Helmut, der in seinem Leben einen ähnlich schweren Verlust wie Paula erleiden musste, zu schicksalhaft Verbündeten, deren gemeinsamer Road-Trip mit einem altersschwachen Wohnmobil sie bis in die Alpen, in Helmuts ehemalige Heimat in Südtirol führt.

Jasmin Schreiber schreibt Sätze, die das Herz zu zerreißen drohen

Was thematisch wie eine schwer verdauliche Kost klingt, entpuppt sich als eine intensive, dem Sujet angemessene, aber auch komische mit skurrilen Einfällen – der Humor der unfreiwilligen Urnenöffnung erinnert zwangsläufig an „The Big Lebowski“ – bedachte Auseinandersetzung mit dem Tod, mit Verlustängsten, der Trauer und der Geschwisterliebe. Jasmin Schreiber punktet mit erfrischenden Dialogen, zahlreichen zutiefst berührend-bewegenden Momenten sowie einem flott zu lesenden Sprachstil. Sätze, die einem das Herz zu zerreißen drohen, Sätze, die die Seele streicheln. Schreiber spendet Trost und sorgt für Erheiterung. Wie Lucy Frickes Roman „Töchter“ vor zwei Jahren, wird 2020 Schreibers „Marianengraben“ zur literarischen Herzensangelegenheit.

Jasmin Schreiber: „Marianengraben“, Eichborn, Hardcover, 254 Seiten, 978-3-7857-8078-7, 20 Euro. (Beitragsbild. Pressefoto, Credit: Jasmin Schreiber)            

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