Jakob Arjouni: Bruder Kemal

Frankfurts cooler Privatdetektiv Kemal Kayankaya ist wieder da

von Gérard Otremba

Er war ja schon immer ein vorlauter, die Klappe nicht halten könnender Privatdetektiv. Der Kemal Kayankaya. Aber ein sympathischer. Mit seiner herausfordernden Art bringt sich Kayankaya natürlich immer wieder schön in die Bredouille. Auch in Jakob Arjounis fünftem Fall „Bruder Kemal“. Auch mit über 50 Lebensjahren. Okay, er ist gesetzter geworden, raucht nicht mehr und wohnt mit seiner Freundin Deborah, einer Ex-Prostituierten, im vornehmen Frankfurter Westend. Immerhin hat der türkischstämmige, aber nach dem Tod seiner Eltern, als Kleinkind von einer deutschen Familie erzogener Ermittler sein Büro noch in der Gutleutstraße, gleich um die Ecke des Hauptbahnhofs. Das dortige Milieu kennt Kemal Kayankaya nur zu gut aus seinen bisherigen Fällen. Elf Jahre nach „Kismet“ führt ihn allerdings sein neuer Auftrag erst mal ins Reichenviertel Sachsenhausens. Für die Bankierstochter und Künstlergattin Valerie de Chavannes darf Kayankaya deren verschwundene Tochter suchen. Bei der Befreiung der 16-jährigen Marieke stolpert Kayankaya über die Leiche eines Freiers, schlägt den vermeintlichen Zuhälter nieder und fingiert den Tatort nach seinen moralischen Bedürfnissen. Dass ihm diese kleine Geschichtsverfälschung im Verlauf der weiteren Handlung Ärger bringt, liegt auf der Hand. Denn Kemal Kayankaya übernimmt während der Buchmesse noch den Part des Leibwächters für den arabischen Autor Malik Rashid, der in seinem neuen Roman ein hochbrisantes Thema in den Mittelpunkt stellt, das überzeugte moslemische Gläubige zu Racheakte animieren könnte. Kayankayas Bewacher-Job läuft ein wenig aus dem Ruder und bringt ihn in eine äußerst prekäre Lage. Längst verwebt Jakob Arjouni beide Fälle miteinander und zeigt sich thematisch auf der Höhe der Zeit. Seine Dialoge und Frankfurt-Ansichten sind präzise wie gewohnt. Auch die Beschreibung der Buchmesse, dieser alljährlich stattfindende und überaus sympathische Jahrmarkt der Eitelkeiten, könnte nicht treffender sein. Schön, dass Kemal Kayankaya wieder da ist. Nach „Happy Birthday, Türke“, „Mehr Bier“, „Ein Mann, ein Mord“ und „Kismet“, überzeugt auch der fünfte Fall „Bruder Kemal“. Nur dessen Verehrung für Whitney Houston ist doch wohl eher eine musikalische Verirrung.

 Jakob Arjouni: „Bruder Kemal“, Hardcover, 19,90 €, 978-3-257-06829-0, Diogenes-Verlag

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