J.D. Salinger: Die jungen Leute – Erzählungen

Drei frühe Salinger-Stories, erstmals in deutscher Sprache

von Gérard Otremba

Ein einziger Roman reichte J.D. Salinger für den literarischen Weltruhm. Der Fänger im Roggen, diese unvergessene Adoleszenzgeschichte von Holden Caulfield hat Generationen von Lesern fasziniert, geprägt und beeinflusst. Das Buch erschien zum richtigen Zeitpunkt, nahm literarisch den bald explodierenden Rock’n’Roll vorweg und funktioniert auch 64 Jahre später noch ganz ausgezeichnet. Es sei denn, die Jugend lehnt sich nicht mehr auf. Vieles, was The Catcher in the Rye auszeichnet, ist in Die jungen Leute verankert. In diesem schmalen Bändchen sind die ersten drei, letztes Jahr in den USA in Buchform veröffentlichten Erzählungen Salingers versammelt, die 1940 („Die jungen Leute“, „Geh zu Eddie“), respektive 1944 („Einmal die Woche bringt dich schon nicht um“) im Story-Magazine erschienen sind. Es sind drei sehr kurze Erzählungen, die in wenigen Minuten gelesen sind und um die Themen Unschuld, Unsicherheit, Verwirrung, Verletzlichkeit, Bruder-Schwester-Beziehung und Angst kreisen. Jerome David Salinger erfasst die Charaktere seiner Stories in knappen und pointierten Dialogen, Lakonie, Traurigkeit und innerer Leere evozierend. Wunderbar von Eike Schönfeld übersetzt, der schon für die Neu-Übertragung ins Deutsche von Der Fänger im Roggen, Franny und Zooey, Neun Erzählungen und Hebt an den Dachbalken, Zimmerleute und Seymour eine Einführung zuständig war. Ein Nachwort des österreichischen Schriftstellers Thomas Glavinic sowie ein Zeittafel mit Salingers wichtigsten Lebenspunkten vervollständigen diesen Erzählband. Die jungen Leute von J.D. Salinger ist wahrscheinlich die dünnste, aber auch liebenswerteste Neuerscheinung des belletristischen Frühjahrs 2015.

J.D. Salinger: „Die jungen Leute“, Piper Verlag, übersetzt von Eike Schönfeld, Hardcover, 978-3-492-05698-4, 14,99 €.

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