Interview mit Michael Götting, Projektmanager ANCHOR Award beim Reeperbahn Festival

Michael Götting credit Inferno Portraits

„Wir wollen für alle teilnehmenden Künstler:innen ein Sprungbrett für ihre Karriere sein.“

Der ANCHOR – International Music Award ist die hauseigene Auszeichnung des Reeperbahn-Festivals. Gekrönt werden die besten Live-Acts des Jahres. Projektmanager Michael Götting erzählt, wie das Auswahlverfahren läuft, was für ihn eine gute Show ausmacht und welche Acts in diesem Jahr gute Chancen haben

Für diejenigen, die den ANCHOR Award noch nicht kennen: Kannst du uns die Idee hinter dieser Auszeichnung beschreiben?

Der Anchor Award ist der hauseigene Award des Reeperbahn-Festivals, den wir seit 2016 verleihen. Wir küren damit den vielversprechendsten und überzeugendsten Live-Act des Jahres. Die Idee ist von Alexander Schulz entwickelt worden. Die Auszeichnung soll Vertreter:innen der Musikindustrie und dem Publikum eine Orientierung geben im Dschungel der zahlreichen neuen Acts und passt daher besonders gut zum Charakter des Festivals.“

Wer kann sich für den Anchor Award bewerben?

„Für den Award kommen alle Bands infrage, die fürs RBF gebucht wurden. Die erste Hürde ist also das RBF Booking Department. Die meisten Acts, die wir buchen, sind auf dem Sprung nach oben – keine klassischen Newcomer oder No Names, aber eben noch entwicklungsfähige Künstler:innen. Alle Acts, die sich aus dem Festival Line-Up bewerben, werden zunächst von einem Board aus ca. 15 Expert:innen aus der Musikwirtschaft und Musikjournalist:innen anhand eines Kriterienkatalogs bewertet. So stellen wir eine repräsentative Bewertung sicher. Die Konzerte der sechs Top-Platzierten Acts werden in den Nochtspeicher gelegt, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Dort werden sie dann von einer prominent besetzten Jury begutachtet. Die Gewinner:innen werden dann bei der Award-Show im St. Pauli-Theater ausgezeichnet, die in diesem Jahr am 24. 09.stattfindet.“

Welche Kriterien spielen bei der Vorauswahl des Boards eine Rolle?

„Anders als andere Awards sind uns Verkaufszahlen und Reichweite auf Social Media egal. Bei uns steht allein die Musik im Vordergrund. Die genauen Kategorien für die Board-Members lauten „Einzigartigkeit und Authentizität“, „Ansprache an ein breiteres Publikum“, „Kohärenz der Darbietung“, „Hitpotenzial der Songs“, „Fähigkeit, stilistische und geografische Grenzen zu überschreiten“ und „Innovative Qualität des Sounds“.  

Wer sitzt dann später in der Jury, die sich die Konzerte anschaut?

Den Vorsitz der Jury hat seit dem ersten ANCHOR 2016 Tony Visconti inne. In diesem Jahr wird er unterstützt von Joy Denalane, Bill Kaulitz, Pabllo Vittar, Pelle Almqvist und Tayla Parx. In der Vergangenheit saßen bereits Künstler:innen wie Linda Perry, Tom Odel, Emeli Sandé, Yvonne Catterfeld oder Bob Rock in der Jury. 

Wer hat diesen Preis in der Vergangenheit gewonnen?

„Zu den Preisträger:innen gehören zum Beispiel Acts wie Ätna, Alyona Alyona, Faces On TV oder – wie im letzten Jahr – Yard Act.“

Yard Act credit Björn Buddenbohm

Welcher ist in diesem Jahr dein Favorit auf den Award?

„Wir haben insgesamt eine hohe qualitative Dichte im Bewerber:innenfeld, weshalb das schwer zu beantworten ist. Ich habe meine Favorit:innen, lasse mich aber überraschen.“

Ist sich die Jury bei der Bestimmung der Gewinner:innen immer einig?
„Nein. In der Vergangenheit hat es oft sehr hitzige Diskussionen gegeben. Das ist auch so gewollt und auch ein gutes Zeichen für die Qualität im Bewerber:innenfeld. 2018 gab es auch schonmal zwei Gewinner, weil sich die Jury nicht auf einen Act einigen konnte.“

Wenn am Ende vor allem die Live-Show über das Ergebnis entscheidet: Was macht in deinen Augen ein gutes Konzert aus?

„Für mich persönlich ist neben den Songs und dem Spiel an sich immer wichtig, was ein Act mit dem Publikum machen kann. Dabei geht es um Interaktion, die ganz unterschiedlich ausfallen kann, also zum Beispiel sehr distanziert oder sehr intim. Die Reaktionen des Publikums spiegeln die Klasse des Acts auf der Bühne. Das ist das, was man mit nach Hause nimmt.“

Ist es nicht grundsätzlich falsch, Musiker:innen in einem Wettbewerb gegeneinander antreten zu lassen?

„So sehen wir den Award auch nicht. Obwohl wir am Ende einen Gewinner-Act küren, gibt es bei uns keine Verlierer:innen. Denn es profitieren nicht nur die unmittelbaren Gewinner-Acts von der Auszeichnung. Auch die übrigen Nominierten rücken stärker in den Fokus der Öffentlichkeit, was man in der Vergangenheit zum Beispiel an Alice Merton oder den Parcels sehen konnte. Wir supporten alle nominierten Acts, indem wir ihnen eine gesteigerte Aufmerksamkeit geben. Am Ende ist jeder der nominierten Acts der Auszeichnung würdig. Der Anchor soll für alle teilnehmenden Künstler:innen zu einem Gütesiegel werden, zu einem Sprungbrett für die Karriere.“

(Beitragsbild-Credit: Inferno Portraits)

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