Iggy Pop: Post Pop Depression – Live At The Royal Albert Hall

Iggy Pop in bestechender Live-Form

Dass Iggy Pop noch einmal auf ausgedehnte Tour gehen, noch einmal den Fokus auf seine beste Phase als Solo-Künstler legen und dabei über sich selbst hinauswachsen würde, war kaum zu erwarten. Erst der Tod seines Kumpels David Bowie und das Zusammentreffen mit Josh Homme haben den weg zu dieser fulminanten Tour geebnet. Songs, Sounds, Mood: Hier stimmt einfach alles. Iggy ist in bestechender Form. Seit vielen Jahren clean, hat er inzwischen das Stadium des charmanten, weisen Mannes erreicht. Ohne dabei auch nur einen Funken seiner Energie und Überzeugungskraft verloren zu haben. Im Gegenteil: Mr. Pop will es noch einmal wissen. Er ist „the last of the one and onlys“, wie Josh Homme es formuliert.

Sein Gesang auf diesem Mitschnitt ist mitreißend, sexy und überwältigend. Die dazugehörige Bühenpräsenz an Intensität kaum zu toppen. Die Band – bestehend aus dem Queens Of The Stone Age-Dreigestirn Homme, Fertita und van Leuwen sowie Arctic Monkeys-Drummer Helders und Rhythmusgitarrist Sweeney – ist ein dauerfauchendes Monster. Die Präzision ihres Spiels ist enorm. Das gilt nicht nur für die neuen Songs vom „Post Pop Depression“-Album, sondern vor allem auch für die übrigen Stücke. Dabei ist die Band ganz Begleiter, spielt sich nur selten in den Vordergrund. Dann aber lässt sie die Zügel los, wie etwa zum Finale von „China Girl“, in dem Homme und Sweeney die Albert Hall mit ihren Gitarren in eine andere Sphäre spielen.

Die Setlist konzentriert sich ausschließlich auf Songs der Alben „The Idiot“, „Lust For Life“, „New Values“ und „Post Pop Depression“. Los geht es mit „Lust For Life“, und natürlich fehlen auch die anderen Hochkaräter wie „The Passenger“, „China Girl“ oder „ Funtime“ nicht. Interessant ist, wie gut die Songs des neuen Albums in diese Reihe passen, wie sie die Stimmung der End-70-er mit ihrer destruktiven und waghalsigen Mentalität treffen. Besonders schön ist es, Stücke wie „Sister Midnight“, „Some Weird Sin“, „Success“, „Baby“ oder „Sixteen“ von dieser Band zu hören. Zum emotionalen Höhepunkt gerät aber „Tonight“, in dem Homme die Backing-Vocals von Bowie übernimmt. Stark auch „American Walhalla“ und „Sunday“, die beiden Höhepunkte des gemeinsamen Albums. Beide gewinnen in der Bühnenfassung noch einmal deutlich gegenüber der Studio-Version.

Ein wesentlicher Grund für den Hörgenuss ist die bemerkenswert vitale Produktion. Alles hier klingt, als stünde man mitten drin im schweißnassen Pulk vor der Halle, in bedrohlicher Stagediving-Reichweite zu Iggy. Vor allem das Zusammenspiel der beiden Gitarristen ist hervorragend eingefangen. Der Video-Mitschnitt lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Kameraführung und Bildqualität sind beispielhaft. Die Regie ist man ganz nah dran, verliert aber nie das große Ganze aus dem Auge. Und so ist „Post Pop Depression – Live At The Royal Albert Hall“ in allen Belangen ein Meisterwerk geworden. Sollte es das wirklich gewesen sein mit Iggys Tour-Leben, dann ist dies der beste aller möglichen Schlussakkorde.

 „Post Pop Depression – Live At The Royal Albert Hall“ von Iggy Pop ist am 28.10.2016 bei Caroline International erschienen.

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