Hexvessel liefern den „occult sound of the finnish forest“ (Selbstbeschreibung Bandcamp) mit ihrem am Freitag erscheinenden, sechsten Studioalbum „Polar Veil“ in erneut modifizierter Form ab. Kaum zu glauben: Einen Qualitätsverlust sucht man nach wie vor vergeblich.
von Michael Thieme
Die Vita von Hexvessel-Stimme Mat „Kvohst“ McNerney ist voller Bewegung. Den Briten zog es ins nördliche Europa, wo er als Teil der Black Metal Szene auf herausragenden Veröffentlichungen auftauchte von u.a. Dødheimsgard oder Void sowie mit Beastmilk ein umwerfendes Post-Punk-Werk heraushaute, dessen Erbe er seitdem mit den ähnlich gelagerten Grave Pleasures verwaltet. Hier in Robe, dort mit Lederjacke – alles duster. Ein bisschen Licht durch die wehenden Baumwipfel scheint jedoch durch die Veröffentlichungen von Hexvessel, bei denen der Wahlfinne mit
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seiner Frau und mehr oder weniger wechselnden Mitstreitenden Neo-Folk neu denkt.
Im Norden heißt Wald eben auch mal Metal
Naturmystik mit unterschiedlich stark vertretenden Ausreißern in Richtung Krautrock, Liedermacherei oder Psychedelic-Folk, zu denen bei Album Nummer Sechs eine satte Black Metal-Kante addiert wird. Ist das stimmig? Sowieso, Black Metal und (Neo-)Folk sind häufig Geschwister im Geiste – und das ist längst kein ausschließlich europäisches Phänomen mehr, wie einige indigene Hybridformationen oder EinzelkünstlerInnen aus den USA oder Asien beweisen. Wobei vom Black Metal hier nur in seltenen Fällen die Geschwindigkeit herrührt (bei „Eternal Meadow“ trommelt der auch mit Dark Buddha Rising oder Sum Of R aktive Jukka Rämänen um sein Leben), allerdings niemals die Stimme: McNerney bleibt bei seiner mitunter hauchzarten Interpretation, die vor dem Blastbeat-Gewitter einen besonderen Reiz offenbart. Das genretypische Gitarrenspiel, welches häufig an ein bedrohlich heran nahendes Insektenvolk gemahnt, steht jedoch mehr denn je im Vordergrund und macht die Scheibe damit deutlich metalaffiner als die Vorgänger.
Quintessenz Hexvessel
Vielleicht stellt „Polar Veil“ so gesehen die Quintessenz aller zuvor von Kvohst besuchter musikalischer Stationen dar. Minus dem urbaneren Sound der Grave Pleasures, die kurioserweise schon häufiger im selben Jahr Neuerscheinungen offerierten wie Hexvessel. Von Verzettelung jedoch keine Spur, beide Formationen überzeugen weiterhin auf ganzer Linie. Allerdings überraschen Hexvessel mehr, was zumindest in meiner Welt ein besonderes Qualitätsmerkmal darstellt. Mit „Polar Veil“ werden Hexvessel hoffentlich endlich den Bekanntheitsgrad erklimmen, der ihnen zusteht.
„Polar Veil“ von Hexvessel erscheint am 22.09.2023 bei Svart Records. (Beitragsbild-Credit: AH)