Nach ellenlanger Pandemie-Pause genießt die Hamburger Indie-Pop-Band Helgen gemeinsam mit ihren Fans das Live-Erlebnis am 15.10.2021 im Backyard des Molotow
Der Hamburger Indie-Pop-Band Helgen kam – wie einigen anderen Künstlern ebenfalls – die Corona-Pandemie so richtig in die Quere. Die Tour zum im August 2020 veröffentlichten, und von uns an dieser Stelle besprochenen Album „Die Bredouille“ sollte natürlich bereits im Herbst 2020 stattfinden. Aus bekannten Gründen musste sie verlegt werden, aber auch ein Jahr später kam die Absage der meisten geplanten Konzerte. Immerhin macht die vernünftige 2G-Regelung einige wenige Gigs möglich, darunter am 15.10.2021 im gut besuchten Backyard des Molotow.
Nina Müller, alias WIM, als Support
Bei herbstlich-kühlen neun Grad frieren zunächst jedoch Nina Müller am Keyboard fast die Hände ein. Als eine Hälfte des Duos Poems For Jamiro sicherlich schon diversen Musikliebhabern bekannt, hat die Hamburger Songwriterin mit WIM ein neues Projekt am Start. Begleitet von Elin Bell, die ein weiteres Keyboard, Percussion und die Zweitstimme beisteuert, spielt Müller Lieder, die so schöne Titel wie „Geistesblitzableiter“ und „Kapitän Zukunft“ haben. Kluge und nachdenklich stimmende Texte, gepaart mit melancholisch-schönen Melodien, vom Publikum zu Recht mehr als wohlwollend angenommen Das WIM-Debütalbum wird den Titel „Boxer“ tragen und soll nächstes Jahr erscheinen. Wer Nina Müller vorher live erleben möchte, der besuche die demnächst anstehende Deutschland-Tour von Lina Maly, bei der WIM erneut als Support auftritt.
Helgen-Sänger Helge Schulz erzählt vom Käsemachen
In der gefühlt viel zu langen Pause macht einem trotz drei Jacken weiterhin die Kälte zu schaffen, bevor Helgen um 20.20 Uhr die Bühne betreten und das Konzert mit einer beherzten Version von „Das Vergessnis“ vom Debütalbum „Halb oder gar nicht“ beginnen. Über die intelligente Art des Helgen-Indie-Pop-Rock berichtet Sounds & Books regelmäßig seit 2015, als das Trio, bestehend aus Sänger und Gitarrist Helge Schulz, Bassist und Keyboarder Niklas Beck und Schlagzeuger Timon Schempp als Vorgruppe von Torpus & The Art Directors im Gruenspan auftrat. Damals kaum ein Jahr zusammen, war das Talent schon mehr als präsent, heute, sechs Jahre und zwei Alben später, sind Helgen zu Hamburgs Indie-Pop-Hoffnung gereift.
Zunächst noch mit drei, vier Meter Sicherheitsabstand zum Publikum, muss Sänger Helge Schulz die Fans erst vorbitten, bevor es ein richtiges Konzert werden kann. Vor dem vor wenigen Wochen veröffentlichten, sanft psychedelisch angehauchten Song „weg“ erzählt Schulz, dass er die Anfangszeit der Pandemie eher mit Käsemachen als mit dem Liederschreiben beschäftigt war, bevor ihm bei einem Spaziergang zwei neue Songs zuflogen.
Die Euphorie erreicht ihren Höhepunkt
Das anschließende „Lass uns Feinde sein“ widmet er an diesem Abend dem AfD-Politiker Alexander Gauland, bevor er das Hamburger Heimspiel vor maskenlosem Publikum zu einem besonderen Moment erhebt und zu einem kleinem Akustik-Set überleitet, bei dem auch Glockenspiel und Kontrabass zum Einsatz kommen. Bei „Der Pfarrer“ klappt der Publikumsmitsinganteil sofort und ohne Aufforderung. Der Song gerät noch zur Jamsession und die Euphorie erreicht ihren Höhepunkt. Den Schwung nehmen Helgen mit in „Die Bredouille“ und mit „Die Geigerzähler geigen“ sowie einem entfesselten „Es passiert“ verabschieden sich die Herren vorübergehend. Um für das so großartig-elegische „Tschüss“ zurückzukehren und den Auftritt mit dem würdevoll-mitreißenden „Wie gut, dass du spinnst“ nach knapp 90 Minuten endgültig zu beenden. Zweifellos ein genussvoller Abend für Band und Publikum.
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