Heartless Bastards: A Beautiful Life

Heartless Bastards by Aaron Conway

Die großen Themen auf persönlicher Ebene behandelt Erika Wennerstrom mit ihrer Band Heartless Bastards auf „A Beautiful Life“

Dass „herzlose Bastarde“ die Schönheiten des Lebens illustrieren mutet fast schon ironisch an, das Gegenteil ist jedoch der Fall. Auf dem inzwischen sechsten Album unter diesem Banner beschreibt Sängerin wie Songwriterin Erika Wennerstrom nicht weniger als die großen Themen ihrer wie unserer Welt auf persönlicher Ebene – und sie tut das voller Hoffnung sowie auf äußerst diverse Art. Dabei vereinigt sie mit vielen hochkarätigen Gästen eine Vielfalt im Klang, die auf einer Americana-Basis zarte Ausflüge zulässt in die verschiedensten musikalischen Strömungen wie Country, Soul, Bossa Nova, Spacerock oder gar Ambient, ohne wie ein überladenes Mixtape zu klingen. Zusammengehalten werden diese durch ihre Hoffnung personifizierende Stimme, die den Hörer durch ein Album begleitet, das einen nicht gleich ob seiner Genialität erschlägt, sondern sich stetig mehr wie ein vertrauter Begleiter offenbart.

Ein Abgesang auf den Desinformations-Overkill der Trump-Ära

Heartless Bastards A Beautiful Life Cover Sweet Unknown Records

Die „Revolution“, um die es im Opener geht, ist demnach keine Beschreibung eines wie auch immer gearteten politischen Umsturzes, sondern eher eine nostalgisch aufgeladene Warnung vor „Fake News“ sowie eine Anleitung zur Selbstermächtigung – „The Revolution is in your mind“ wiederholt Wennerstrom in diesem, bereits 2020 vorveröffentlichten Track. Ein Abgesang auf den Desinformations-Overkill der Trump-Ära: Kein Aufruf zu den Waffen, aber einer zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus sowie zum Verzicht auf wertende Vergleiche mit anderen Menschen oder einer falsch verstandenen Optimierung des Selbst: „No need to be smarter or better than anyone else“.

Die Gitarre gniedelt dazu heftigeren Bluesrock, gespielt vielleicht von Okkerville Rivers‘ Lauren Gurgiolo oder David Pulkingham (Patty Griffin) – zwei der Gäste, zu denen ansonsten noch Schlagzeuger Greggory Clifford (White Denim), Multi-Instrumentalist Jesse Chandler (Mercury Rev, Midlake), Keyboarder Bo Koster (My Morning Jacket) oder der texanische Komponist und Sitar-Künstler Fared Shafinury gehören. Unter anderem. Im Gegensatz zu früheren Werken der Heartless Bastards hätte dieses (wie „Sweet Unknown“, 2018) auch ein Solo-Album Wennerstroms sein können, ist sie doch seit 2008 das einzige konstante Mitglied dieser Formation. HB-Bassist Jesse Ebaugh ist ebenfalls mit an Bord.

Diverse Gäste setzen Akzente

Leicht funky geht es weiter mit „How Low“, welches ebenfalls als Anti-Trump-Song lesbar wäre, zumindest jedoch als Plädoyer für ein toleranteres Zusammensein. Großes Orchester und viel Hall dann bei „When I Was Younger“, dieses Stück hätte ebenso wie „You Never Know“ in den Siebzigern erschienen sein können. “It’s a beautiful life if you let it be” schwelgt Wennerstrom im Titeltrack, ein träumerische kleine Perle sowie ein Wohlfühlstück par excellence. Der Verstand warnt beim Hören zwar vor zuviel Realitätsverlust oder Eskapismus bei diesem Kuschelpop, aber Gitarre und Stimme bezaubern dabei so komplett, dass man ihn schnell wieder ausschalten möchte. „The River“ glänzt anschließend mit Shafinurys Sitar, Andrew Bird setzt hier Akzente an der Geige. „Photograph“, das nächste Highlight, wird zunehmend trippy und addiert ein wenig Space-Rock in die Genresammlung, während „Dust“ anschließend klassischen Americana offeriert mit einer entrückten Steel-Gitarre sowie immer schwerer werdenden Heavy-Akkorden.

Eine nostalgische Sounderfahrung mit Heartless Bastards

Streicher schüren die Dramatik über den funkigen Beat von „Went Around The World“ –  ein weiteres Highlight, bei dem Wennerstrom stimmlich alle Register zieht und lasziv ihre ganze Range einsetzt, ohne dabei bemüht zu klingen. „Doesn’t Matter Now“ wirkt danach etwas beliebiger, was jedoch nur an der Nachbarschaft liegt. Schlechte Songs existieren nicht auf diesem Album, das man gerne gleich noch einmal rotieren lässt. „The Thinker“ entlässt die Hörenden mit Weisheiten zum Thema Liebe, Glückskeks-Weisheiten würden böse Zungen vielleicht nicht zu Unrecht maulen, musikalisch allerdings so schön umgesetzt, dass sie nicht weiter stören. Muss auch mal sein, unter den gegebenen Umständen. Eine wunderbare, nostalgische Sounderfahrung mit homöopathisch-dosierter gesellschaftlicher Relevanz lautet das Angebot der Heartless Bastards, dass man nicht ablehnen sollte, wenn man sich etwas Gutes tun möchte um Kraft zu tanken für den nächste Schritt. Zum Umsturz, zum Beispiel.

„A Beautiful Life“ von Heartless Bastards erscheint am 10.09.2021 bei Sweet Unknown Records / Thirty Tigers. (Beitragsbild von Aaron Conway)

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