Half Waif: Mythopoetics – Albumreview

Half Waif by Lissyelle Laricchia

Ja, man kann sich in das neue Album von Half Waif verlieben

Aus gesundheitlichen Gründen zu vereinsamen klingt abwegig, ist aber Tatsache für viele Menschen während der noch andauernden Pandemie. Wohl dem, der in einer Partnerschaft mit einem geliebten Menschen lebt. Doch auch das diesbezüglich sicherste, private Netz schützt einen nicht davor Ängste zu entwickeln, eben dieses zu verlieren oder den/die Geliebten zu überleben. Nandi Rose, besser bekannt unter ihrem künstlerischen Alias Half Waif, ist seit zwei Jahren mit Zack Levine verheiratet – sie unterstützt ihn bei seinem Indie-/Alt-Country-Projekt Pinegrove, er sie bei Half Waif. Musikalischer Partner bei „Mythopoetics“ wie auch schon anderen ihrer vier vorher veröffentlichten Alben ist Zubin Hensler – Multiinstrumentalist, Produzent sowie Lehrer für Musiktechnologie und Komposition.

Warmer Synth-Pop und melancholische Pianosounds von Half Waif

Half Waif Mythopoetics Cover Anti- Records

Mit wachsender Aufmerksamkeit seit „Lavender“ (2018) gesegnet, arbeitet sich Rose ab an Themen wie Einsamkeit, Sucht, Krankheit und Suche nach Autonomie, illustriert von einem sehr warmen Synth-Pop sowie melancholischen Pianosounds. Dabei werden ihre Songs immer nachhaltiger: Beim ersten Hören stören sie nicht und fangen punktuell an, Interesse zu wecken. Beim zweiten offenbart sich langsam die kompositorische Klasse, Referenzen evozierend: Hat man sowas schon mal gehört? Ja, vielleicht, ähnlich, aber doch anders, irgendwie. Harmonisch trotz leichter Schrägheiten im Takt, mit einer eindrucksvollen vokalen Range, die innerhalb eines Songs alle Register ziehen kann, ohne anzugeben („Take Away The Ache“, „Fortress“ etc.) oder einen gar anzuschreien. Nandi Rose erzählt in ihren Texten Geschichten, stets autobiographisch geprägt, jedoch von Album zu Album direkter mit ihrem Leben verknüpft, wie sie in diesem Interview mit den Kollegen von „Under The Radar“ ausführt.

Ein verliebenswertes Album

Ohne einen echten qualitativen Aussetzer vorzuweisen, steigert sich „Mythopoethics“ spätestens ab der Mitte des Albums von Song zu Song und bietet nur noch Höhepunkte, sei es das semi-verzweifelte „Orange Blossoms“, das abgeklärte „Party’s Over“ oder das leicht verstörende „Horse Racing“. „Sodium And Cigarettes“ und „Powder“ schließen das 12-Track-Album ab – die Synthiesounds werden dabei zurückgefahren, ein bisschen Pathos wird noch aufgetragen bis das Piano mehr und mehr sanft dominiert und einen geplättet wie fasziniert zurück lässt. Kann man sich in ein Album verlieben? Anscheinend.

„Mythopoetics“ von Half Waif erscheint am 09.07.2021 bei Anti- Records. (Beitragsbild von Lissyelle Laricchia)

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