Maximal aufregend: Das Debüt von Hak Baker ist der perfekte Soundtrack für den Zeitgeist – und eine bunte Tüte musikalischer Ideen
von Sebastian Meißner
Es fängt an mit einer quälend langen Sendereihe im Radio. Nachrichten, Störsignale, Gesang werden gekippt, bis schließlich eine verzerrte Stimme über Offbeat-Rhythmen über die Welt am Abgrund spricht. Skits aus einem jamaikanischen Piratensender. Was folgt, ist eines der energetischsten und stilprägendsten Debüt-Alben der letzten Jahre. Hak Baker, 1991 geborener Londoner mit jamaikanischen wurzeln, schießt auf „World’s End FM“ aus allen Löchern. Seine Musik hat die Kraft von The Clash, die Wortgewandtheit von Mike Skinner, den Drang von The Specials und den Schalk der Sleaford Mods. Post-Punk, Brit Pop, Reggae, HipHop, Folk und Indie werden
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gnadenlos zusammengerührt und durchgeknetet, dass man manchmal nicht mehr weiß, wo oben und unten ist.
Ein Optimist
„Doolally“ schießt spitze Wortsalven zu Stakkato-Beats; „Tricks In The Wall“ ist tanzbarer Pop, „Run ist eine verletzliche Akustikgitarre-Ballade; „Brotherhood“ feinster Faust-in-die-Luft-Indie. Und über allem thront die stets auf Anschlag gestellte Stimme von Haker, der in seinen Texten über jugendlichen Nihilismus, männliche Verletzlichkeit, soziale Ungerechtigkeit, Internetsucht, post-pandemische Desillusionierung, politische Missstände und gesellschaftskritischen Aktivismus singt. Mal in sanfter Innenschau, mal in Parolen. Immer aber mit Verve, die sich mal aus Wut, Ekel, Abscheu, Ohnmacht oder Hoffnung speist. Baker ist Optimist. Seine Intention ist Zusammenhalt und Solidarität als Waffe gegen die vorbestimmte Ausweglosigkeit. Wenn schon Katastrophe, dann nicht ohne Gegenwehr.
Hak Baker rüttelt wach
Wenn Musik nicht mit Blick auf Streamingzahlen und Popularität komponiert wird, sondern aus dem Wunsch, bestehende Verhältnisse zu verändern, entsteht ein anderer Sound. Einer, der einen eher in Bauchregion erreicht als bei und zwischen den Ohren. Bakers Debüt ist so eine Platte, die wachrüttelt und etwas verändert. Hab dieses Jahr noch nichts Kraftvolleres gehört. Oder wie ein User auf YouTube kommentierte: „If this doesn’t kickstart a revolution, then nothing will. Brilliant energy.“
„World’s End FM“ von Hak Baker erscheint am 09.06.2023 bei Hak Attack Records / AWAL. (Beitragsbild von Nadine Persaud)