Haiyti: Mieses Leben – Albumreview

Haiyti Credits William Minke

Neues, großartiges Überraschungs-Album der Rapperin Haiyti

Ob irgendwann der Punkt kommt, an dem wir neue Haiyti-Releases achselzuckend ignorieren? So „what else is new“-mäßig. Fünf Monate nach „Sui Sui“ 2020 kam „Influencer“; 4,5 Monate nach diesem folgt heute „Mieses Leben“. Wenn das in diesem Tempo weitergeht haben wir noch zwei Releases in diesem Jahr zu erwarten. Wäre das schlimm? Eher nicht bei dieser gleichwertig hohen Qualität.

Nur digital, keine Platte

Ein Unterschied zu 2020: „Mieses Leben“ erscheint nicht auf Platte sondern nur digital. Die unangekündigte Überraschungssammlung an Songs kann nicht in den Schrank gestellt werden, Vinylfarbe also egal. Dass man die neuen Stücke nur mit dem Handy hört oder streamt passt jedoch zum Sujet. 18 Stücke in knapp 40 Minuten. Die großen Popnummern/Singlehits fehlen vielleicht, eventuell sind aber auch alle 18 Stücke neuer Pop, man gewöhnt sich an die peitschenden Bässe und die Straße wird zum Mainstream: wo sonst, wenn nicht im Rap? Auch die in „Erster Tag“ leicht gedissten AC/DC waren mal Straße, jetzt ist deren CD nur noch Unterlage für die Line.

Haiytis selbstreferenzielle Texte

„Selbstreferenziell“ – das sind Haiytis Texte häufig. Dieses Album ist es komplett, schon im Intro wird’s deutlich: „Erstes Album „Havarie“, damals war ich Robbery“ (ein frühes Alias von Ronja Zschoche, andere waren Ovadose oder Rendezvous). „Mit Musik nichts verdient..ich habe mit Drogen gedealt“. Klassische Rapschule halt. „Mama, es tut mir leid ich bin zurück. Du kriegst mich von der Street, doch die Straße nicht aus mir“. Auf „Influencer“ wurde sich ebenfalls schon bei Mama entschuldigt, nachdenklich, depressiv gar. „Mieses Leben“ zementiert den Status Quo von vorgestern („Robbery ist back und es endet mit einem Knall“), den Fame sowie die Gaunerehre – bis zur vorveröffentlichten Single „Wolken“ am Schluss, bei dem der Blues (metaphorisch) sich mal wieder Bahn bricht.

Haiyti läuft in Dauerschleife

Verwandter im Geiste zwischen Straßenreputation, Anerkennung durchs Feuilleton sowie Depri-Schüben ist dabei der Offenbacher Haftbefehl, auf dessen „Schwarzem Album“ diesen Monat Haiyti ebenfalls ein Feature stellt. Jeder Reim sitzt, die musikalische Untermalung mit früheren (AsadJohn) wie neueren Weggefährten (Project X) sorgt wiederholungsfrei und dauerspannend für den stimulierenden Flow. Noch mehr neue Releases heute? Egal, Haiyti läuft jetzt in Dauerschleife. Mal wieder. Bei diesem Talent wären sogar wöchentliche Releases zu begrüßen – „wie kann man sich nur so hart gönnen“ gilt vor allem für Haiyti-Hörende. Großartig.

„Mieses Leben“ von Haiyti erscheint digital am 16.04.2021. (Beitragsbild von William Minke)

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