Gus Englehorns neues Album „The Hornbook“ ist ein wilder Ritt durch die ungezähmte Welt des ungeschliffenen Rock. Überraschungen an jeder Ecke, rauchige Energie, und ein bisschen experimentelles Chaos.
von Mia Lada-Klein
Gus Englehorn, der einst als professioneller Snowboarder bekannt war, verfolgt seine musikalische Karriere offensichtlich mit derselben furchtlosen Hingabe. Gemeinsam mit seiner Frau Estée Preda, die nicht nur musikalisch auf seinem Album „The Hornbook“ mitwirkt, sondern auch seine Musikvideos inszeniert, erschafft er eine klangliche Welt, die ebenso spontan und unberechenbar wie konsequent eigenständig ist. Seine Musik scheint keiner strikten Formel zu folgen. Es wirkt eher so, als entstehe sie aus dem Moment heraus, ohne sich an Erwartungen oder Konventionen anzupassen.
Der wilde Auftakt von Gus Englehorn
Der Opener „One Eyed Jack Pt. I And II (The Interrogation/The Other Side)“ setzt den Ton für das Album. Eine Mischung aus experimentellem Rock, psychedelischen Elementen und einer Gesangsstimme, die an eine dunklere Version von Yungblud erinnert. Der Song fühlt sich an wie ein fiebriger Albtraum mit hypnotischer Anziehungskraft. Das dazu passende Coverbild verstärkt diesen leicht unheimlichen Vibe. Mit „Thyme“ folgt ein roher, schnörkelloser Garagenrock-Track. Die simplen Riffs und die ungehobelte Produktion erwecken den Eindruck, als sei der Song spontan zwischen zwei Pints in einem Irish Pub entstanden. Diese raue Direktheit zieht sich durch das gesamte Album. Doch genau das hat seinen Reiz – gleichzeitig faszinierend wie irritierend, anziehend wie befremdlich.
Kontraste und Überraschungen
„The Itch“ und „Roderick Of The Vale“ machen einen auf Kontrastprogramm und liefern sanftere Töne. Aber deswegen sind sie keinesfalls weniger eindrucksvoll. Doch kaum hat man es sich gemütlich gemacht, kommt „Metal Detector“ um die Ecke und prügelt einem wieder den Staub aus den Gehörgängen. Kratzige Gitarren, eingeworfener Sprechgesang und eine Prise Shoegaze – eine Mischung so unerwartet ist wie ein Moshpit auf einem Klassikfestival.
„Sweet Marie“ gönnt den Ohren dann erneut eine kleine Verschnaufpause und zieht das Tempo runter. „A Song With Arms And Legs“ hingegen fühlt sich anschließend wieder an, als wären The Velvet Underground in die Gegenwart katapultiert worden. Es ist ein Song, den Nico ebenfalls perfekt in Szene gesetzt hätte. Der Titel klingt genauso kurios, wie der eine oder andere Song auf dem Album sich musikalisch anfühlt – schräg, unberechenbar und genau deshalb so verdammt interessant. Der Abschluss „One Eyed Jack Part III (Epilogue)“ kommt nach dem wilden Auftakt erstaunlich ruhig daher und endet so abrupt, wie das Album begann.
Gus Englehorn und seine unkonventionelle Klänge
Insgesamt bleibt „The Hornbook“ ein Album, das ordentlich polarisiert. Es kommt ohne den üblichen Studio-Feinschliff daher und strahlt das Flair eines „schnell mal aufgenommenen Albums“ aus – als hätte man einfach die Gelegenheit genutzt, etwas aufzunehmen. Wer sich in der Welt des Garagenrock zu Hause fühlt und rohe, ungefilterte Klänge schätzt, wird hier definitiv auf seine Kosten kommen. Der Sound ist ungeschliffen, aber gerade in seiner Unvollständigkeit steckt eine Energie, die bei manchen sofort den Nerv trifft. Für den Rest wirkt es möglicherweise wie ein chaotischer Ausbruch ohne klare Struktur – viel Wucht, aber wenig Richtung.
„The Hornbook“ von Gus Englehorn erscheint am 31.01.2025 via Secret City Records. (Beitragsbild Estée Preda)