„Every Second An Ocean“ von Grundeis fängt die düstere Stimmung der Zeit ein – ein Sound wie ein Tauchgang in kalte, tiefgründige Gewässer.
Mia Lada-Klein
Mit „Every Second An Ocean“ katapultieren Grundeis uns direkt in ihre düstere Klangwelt. Irgendwo zwischen rauem Noise-Rock, träumerischem Shoegaze und frechem Post-Punk. Drei Jahre nach „Amygdala“ beweisen die Hamburger, auf die wir bereits 2018 beim Tastemaker Festival erstmals hingewiesen haben, dass sie nicht nur ihren Sound weiter geschärft haben, sondern auch weiterhin ein Händchen dafür besitzen, eine unverwechselbare melancholische Atmosphäre zu zaubern, die einen eiskalt packt.
Ein Einstieg in die Dunkelheit von Grundeis
Schon der Opener „Distanced For Gone“ schubst einen in eine düstere, fast beklemmende Welt. Die Atmosphäre erinnert an einen Gewölbekeller, durchzogen von rauen Klängen und der Stimme von Sängerin Laura Müller. Hier wird der Grundton des Albums gesetzt: schwer, intensiv und emotional aufgeladen.
Rauer Noise-Rock und sanfter Shoegaze
Tracks wie „Relentless“ und „Plain Sight“ bringen die rauere, noisige Seite von Grundeis auf den Punkt: chaotisch verzerrte Gitarren und treibende Rhythmen, die den Sound in seiner pursten Form ausloten. Doch es bleibt nicht bei der rohen Energie – mit „Strange“ und „Mellow“ zeigen Grundeis ihre andere Seite. Hier verweben sich die sanften, fast flüsternden Vocals mit den Klanglandschaften zu einer melancholischen, träumerischen Atmosphäre. The Velvet Underground lässt grüßen. Ein Highlight des Albums ist „As Close As It Gets“. Hier entfaltet die hypnotische Stimme von Laura Müller ihre volle Wirkung und verstärkt die beklemmende Grundstimmung, die sich wie ein roter Faden durch das Album zieht.
Rotziger Post-Punk als Überraschung
Doch nicht nur im Melancholischen zeigt die Band ihre Stärke. Mit „Ignoring People“ kommt dann eine ordentliche Portion Post-Punk ins Spiel, die fast zu einem tanzbaren Groove anstachelt, wenn auch mit gesenktem Kopf. Denn der dunkle Unterton bleibt. Auch wenn die düstere Wolkendecke hier nicht ganz so intensiv ist, sondern einen klaren, kraftvollen Rhythmus aufweist, der sich ein wenig wie ein befreiender Moment zwischen den ganzen emotionalen Untiefen anfühlt.
Ein facettenreiches Klangspektrum bei Grundeis
„Every Second An Ocean“ trifft voll und ganz den Nerv der Zeit. Sowohl in Bezug auf die Jahreszeit als auch auf die aktuelle Weltlage. Dunkel, schwer und von einer beinahe erdrückenden Melancholie durchzogen. Das Album spiegelt das Gefühl der Ära wider, in der wir leben. Der Sound ist wie ein herbstlicher Nebel, der sich über alles legt, und erinnert an eine Welt, die sich zunehmend in Grautönen verfärbt. Doch genau diese Düsternis macht das Album so packend, genau darin liegt eine faszinierende Klarheit. Es ist die perfekte Musik für eine Zeit, in der man sich nicht hinter Illusionen verstecken kann.
„Every Second An Ocean“ von Grundeis erscheint am 12.12.2024 via Undressed Records. (Beitragsbild von Mehrnoush Sharifi)