Ganavya: Daughter Of A Temple

Ganavya Daughter Of A Temple Albumcover

Fusion aus Spiritual Jazz und indischen spiritual: Die Ausnahmesängerin Ganavya legt ein mächtiges und übersinnliches Album vor

von Sebastian Meißner

Sie machte Aufnahmen mit Shabaka Hutchings und stand mit Sault auf der Bühne: Die Sängerin und Komponistin Ganavya ist eine der aufregendsten Figuren des modernen Jazz. An der Schnittstelle zwischen südindischen Spirituals und zeitgenössischer Musik hat sie sich eine eigene Nische geschaffen. Auf „Daughter Of A Temple“ präsentiert die in New York geborene und in Tamil Nadu aufgewachsene Sängerin eine hingebungsvolle Fusion aus spirituellem Jazz und indischen Traditionen. Ihr Ansatz beruht auf Zusammenarbeit und einem freien, fließenden Musikverständnis.

Hochkarätige Gäste

Ganavya Daughter Of A Temple Albumcover

Für ihre einzigartige Vision hat sich Ganavya zahlreiche hochkarätige Musiker ins Studio geholt. Im Intro von „A Love Chant singt sie mit Esperanza Spalding das zentrale Mantra aus John Coltranes berühmtem spirituellen Jazz-Klassiker “ A Love Supreme“. In „Om Supreme“ begleitet Vijay Iyer mit seinem Klavierspiel die improvisierten Saxophonklänge von Immanuel Wilkins, bevor Ganavyas zarter, aber kraftvoller, fast tranceartiger Gesang hinzukommt. Mit über zehn Minuten ist dieses Stück das längste und zugleich explorativste des Albums. Ein weiteres Highlight ist „Prema Muditha“, das mit einer filigranen Kombination aus Akustikgitarre, Sitar, elektronischen Klängen und der Klarinette von Shabaka Hutchings glänzt, während Ganavya ihren charakteristischen Raga-Gesang einbringt. Das Thema von Gebet und meditativer Praxis zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album. So enthält das Stück „Elders Wayne And Carolina“ die Aufnahme eines Gebets, das Wayne und Carolina Shorter in ihrem Zuhause gesprochen haben.

Verbeugung vor Alice Coltrane

Das Album ist eine tiefe Verbeugung vor Alice Coltrane, was insbesondere im Stück „Journey In Satchidananda/Ghana Nila“ zu hören ist, einem Extrakt aus einem fünfzigminütigen Jam von mehr als dreißig Musikern. Das wahre Zentrum der Platte bildet jedoch die vierteilige Suite „A Love Supreme“. Jeder Abschnitt ist einer bestimmten Person gewidmet. Der erste Teil Wadada Leo Smith, der in den 90er-Jahren eine bemerkenswerte Interpretation eines Teils von Coltranes Meisterwerk mit einer Kalimba aufgenommen hat. Im zweiten Teil liest der Theaterregisseur Peter Sellars Passagen aus dem buddhistischen Text „The Vimalakirti Sutra“, einer Meditation über die Liebe. Der dritte Teil, Alice Coltrane gewidmet, kehrt zum ursprünglichen „A Love Supreme“-Mantra zurück. Der finale vierte Teil ist der amerikanischen Komponistin Pauline Oliveros gewidmet, genauer gesagt ihrer Frau Ione, die ein eigens für dieses Stück verfasstes Gedicht vorträgt.

Ganavya würdigt die Ahnen

Die spirituelle Intention dieses Albums ist allgegenwärtig. Aber auch ohne Zugang zu diesen Themen übt diese Musik einen starken Reiz aus. „Daughter Of A Temple“ ist ein durchweg faszinierendes Werk, das sowohl eine Würdigung vergangener musikalischer Meisterwerke darstellt als auch eine eigene, frische Mischung aus Stil, Instrumentierung und Ästhetik bietet.

„Daughter Of A Temple“ von Ganavya erscheint am 15.11.2024 bei Leiter. (Beitragsbild: Albumcover)

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