Funny van Dannen live in Hamburg 2022

Funny van Dannen credit Paula Janssen

Bei seinem Konzert im Hamburger Imperial-Theater wird Funny van Dannen zum Vulkan

Als Funny van Dannen um 20 Uhr die Bühne des Imperial-Theaters betritt, fällt noch vor den ersten Wörtern und Tönen eine bereitgestellte Flasche Wasser vom Bühnentisch. Immerhin sei es kein Wein gewesen, meinte van Dannen lapidar und sehnte sich anschließend nach der Vergangenheit, als man sich noch auf der Bühne betrinken konnte. Dass es jetzt nicht mehr ginge, schob er dem Alter zu (Funny van Dannen ist mittlerweile 64 Jahre jung). Später bemerkte der Berliner Songwriter noch, früher hätte er beim Biertrinken auf der Bühne rülpsen müssen, heute reiche dafür stilles Wasser („Ich werde zum Vulkan“).

Funny van Dannen und das Alter

Das Alter hat auf seinem aktuellen Album „Kolossale Gegenwart“ eine maßgebliche Bedeutung. Einige dieser Songs spielt der einstige Mitbegründer der legendären Lassie Singers am 23.11.2022 im nachgeholten, ursprünglich im August angesetzten und wegen Krankheit verschobenen Hamburg-Konzert. Denn trotz seines fortgeschrittenen Alters interessiert er sich für den „Umsturz“ und will seien Haare hinten „Hochtoupieren“. Und als genervtes Elternteil sagt er schon mal „Fuck You“ zu seinem  undankbaren Kind. Wie üblich hat der witzigste und gleichzeitig melancholischste deutsche Liedermacher einige Petitessen in der Anmoderation auf Lager. Das lustig-böse „Jägerinnenlied“ sagt er mit dem Satz an, er habe den Song einst für eine Volksmusiksendung geschrieben, man wollte den Song dann aber doch nicht (welch Wunder). Und Fußball-Bundestrainer Hansi Flick bekam aufgrund seiner Vergangenheit beim FC Bayern München sein Fett weg.

Funny van Dannen in „Booster-Laune“

Bei diversen neuen, nicht auf „Kolossale Gegenwart“ befindlichen Liedern zeigt sich Funny van Dannen auf der Höhe der Zeit, handelt Klima-Aktivismus, Ukraine-Krieg, Verschwörungstheorien und eine sich dramatisch verändernde Welt ab. Zwischenzeitlich gönnt er allen nach 20 gespielten Liedern, darunter „Unbekanntes Pferd“, „Arbeitsplatz vernichtet“ und „Nuttenauto“, eine knapp halbstündige Pause, die er charmant wie immer ankündigt („Ihr habt doch bestimmt schon alle Rückenschmerzen. So jung seht ihr auch nicht mehr aus“). Da war es wieder, das Alter. Bevor im zweiten Teil des gut zweieinhalbstündigen Auftritts alte Klassiker in den Mittelpunkt rücken, zeigt sich van Dannen in „Booster-Laune“, eine herrliche Breitseite gegen alle notorischen, die Gesellschaft spaltenden Impfgegner und spielt mit „Narzissen pflücken“ auch den wohl schönsten Song von „Kolossale Gegenwart“.

Er kann so schön singen

Er überrascht uns mal wieder mit seinem schönen Gesang („Schön singen“), präsentiert einige Miniatur-Songs und singt auch dieses als „Scheißlied“ apostrophierte Stück über einen Baum, der aussieht wie eine Gurke. Die älteren Lieder dann zum Mitsingen und Amüsieren. Aus aktuellem Anlass dichtet Funny van Dannen „Homebanking“ in „Homeschooling“ um und hat die Lacher auf seiner Seite. Das Finale hat es dann in sich. „Nana Mouskuri“, „Posex & Poesie“ und „Okapiposter“, im Zugabenteil „Herzscheiße“, „Nebelmaschine“ (begleitet von einer perfekt funktionierenden eben solchen), „Schilddrüsenunterfunktion“, „Plastikball“ und „Gwendolyn Kucharsky“. Und solange man den Text eines seiner besten Songs überhaupt immer noch ad hoc auswendig mitsingen kann, muss man sich über sein Alter vielleicht doch noch nicht so viele Gedanken machen. Ein wie immer wunderprächtiger Abend mit Funny van Dannen.           

(Beitragsbild von Paula Janssen)

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