Frank Rudkoffsky: Fake – Roman

Frank Rudkoffsky by Ronny Schönebaum

Frank Rudkoffsky entlarvt die schöne neue digitale Welt

Und mit dem Kind wurde alles anders. Die geplante Weltreise musste gecancelt werden. Durchgemachte Partys gehörten fortan der Vergangenheit an. Sex gibt es so bald nach Geburt auch noch nicht. Stattdessen: Der ständig quengelige Schreihals Max, oder auch:  „kid content: Aus der Nummer kommt keiner heile raus“. Bereits auf den ersten Seiten konfrontiert uns Frank Rudkoffsky überaus detailliert mit den Sorgen und Nöten der Jungmutter Sophia, die eigentlich als Controllerin bei Daimler vor einer erfolgsversprechenden Berufskarriere steht. Ihr Partner Jan spekuliert auf seinen Durchbruch als Journalist, muss aber diverse Nackenschläge während der Romanhandlung einstecken.

Troll-Zynismus im Netz

Frank Rudkoffsky Fake Cover Voland & Quist

Über den Zeitraum von zwei Jahren begleitet der 1980 geborene Autor seine beiden Protagonisten und (ent)führt uns auf die dunkle Seite der Sozialen Medien. Gefrustet, von Versagensängsten geplagt und wütend über ihr Leben, flüchtet sich Sophia, aus deren Perspektive Frank Rudkoffsky die Geschichte über weite Strecken erzählt, vollends in ihre auch sonst durchdigitalisierte Welt und wütet mit Hilfe von Fake-Accounts in der virtuellen Welt. Sie wird zum Troll und ihre selbstironische, zum Zynismus neigende Art entfaltet sich gar prächtig. Provokationen, die gegen eine spießig-biedere Moral verstoßen, ahndet Facebook mit Account-Sperren. Aber Sophia lässt nicht locker, ihre gegen jegliche politische Korrektheit verstoßenden Angriffe und Beleidigungen erklimmen immer neue Höhenflüge, die Rudkoffsky mit viel Humor zu Papier bringt. Als sie ein von Jan aufgebautes Profil der Stuttgart-21-Gegnerin „Rita“ hakt und dieser eine tödliche Krankheit andichtet, erhält sie endlich Likes und Mitleid, also Balsam für die eigene Seele, aber mit weitreichenden Folgen. Spätestens als Jans Artikel über die Pegida-Demo viral geht, nimmt der Roman gar thrillerhafte Spannung auf.

Frank Rudkoffsky legt die Finder in die Wunde der Digital-Gläubigen

Fake-News, Social-Media-Egotrips, Hasskommentare, eine in Teilen nach rechts driftende Gesellschaft, das Wutbürgertum, die Wechselwirkung zwischen virtueller und realer Welt. Frank Rudkoffsky nimmt sich brisanten politischen Stoffes an, entlarvt in seinem zweiten Roman die schöne neue Welt und legt die Finger in die Wunde der Digital-Gläubigen. Das menschliche Antlitz hat sich im Internet in die böse Fratze verwandelt. Kleine, wenn auch verständliche Anlässe genügen, um im Netz einen Katalysator zu finden und in die Realität zu transportieren. „Fake“ von Frank Rudkoffsky zeigt: Wir leben in einer schlechten Welt, aber mit guter Literatur. Bestens unterhaltende Gesellschaftskritik.

Frank Rudkoffsky: „Fake“, Voland & Quist, Hardcover, 240 Seiten, 978-3-863912-43-7, 20 €.  

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