Frank Berzbach: Meine Top-Ten-Alben

Frank Berzbach credit Irene Zandel

Der Schriftsteller Frank Berzbach stellt exklusiv bei Sounds & Books seine zehn Lieblingsalben vor

Mit Frank Berzbach war erneut ein Schriftsteller so freundlich, für Sounds & Books eine Liste seiner zehn Lieblingsalben zusammenzustellen. In dieser losen Reihe verewigten sich u.a. bereits Iris Wolff, Rolf Lappert, Christiane Neudecker und zuletzt Salih Jamal. Ihnen folgt nun also Frank Berzbach, dessen Buch „Die Kunst zu lesen – Ein Literaturverführer“ wir an dieser Stelle vorgestellt haben. Sounds & Books wünscht viel Vergnügen mit den

Top-Ten-Alben von Frank Berzbach

So eine Liste zu erstellen ist eine Herausforderung; aber wenn man sich mit der generellen Unmöglichkeit angefreundet hat, kann man auch einfach reinlangen. Hier also die zehn Alben, die ich heute nennen würde, ich kann euch jede Woche eine andere schreiben. Aber auch in einigen Jahren werden diese Alben dabei sein. Eben hatte ich noch Sonic Youth, die Rolling Stones und Neil Young, LCD Soundsystem, Beatles und The Impressions, Pink Floyd, Prince und Frank Zappa dabei, ich höre laufend AC/DC … aber nun liefere ich erst einmal diese:    

1. Patti Smith: Easter (1978)

Für mich eine Heilige der Musik, inklusive avancierter Kreativitätstheorie, inklusive Glaubensbekenntnis (ein Song über einen Psalm), inklusive energetischem Verstoß gegen gängige Sprachregelungen und Humorlosigkeiten und sogar tanzbar. Begleiter auf langen Nächten, Bahnfahrten, meine LP für die ewige Sinnsuche und Motivationsquelle zumindest ein wenig zu werden wie das dichtende, fotografierende, lesende, reisende, komponierende Gesamtkunstwerk Patti Smith.

2. Nick Cave: B-Sides & Rarities I & II (2021)

Unerschöpflicher Fundus des Gesamtwerkes, zwischen rauer Frühzeit, überraschenden Coverversionen (Wonderful World, Black Betty!), allen nötigen Klassikern. Einfühlend und Tief, der Mystiker der Rockmusik, gesunde Aggression und heilende Traurigkeit, magisch in den Stimmungen und Stimmungswechseln, großartige Liebeslieder. Nick Cave brachte mich zu Elvis und Johnny Cash, von niemandem sah ich mehr Konzerte.  

3. Lana Del Rey: Norman Fucking Rockwell! (2019)

Anziehend und sexy, die Urfarbe sinnlicher Stimmung zwischen Melancholie und Verruchtheit. Die Dame generell eine stimmliche Verführung, aber für mich mit diesem Album auf dem (bisherigen) Zenit. Ich bin befangen, beauty victim. Die Grundstimmung der LP verändert die Lichtverhältnisse, man tanzt hörend immer mit einer schönen Frau.

4. PJ Harvey: To Bring You My Love Demos (1995/2020)

Rau und ausgewogen, fordernd und abgründig, hoffnungsvoll und magersüchtig, nicht mehr »rid of me«, und nicht mehr im »filthy dress«; eins der schönsten Konzerte meines Lebens  (rotes Kleid, roter Lippenstift), stimmgewaltig; Akustikgitarre und Verzerrung in gelungener Union. Diese Frau hat meine Alpträume. In den Demos dann quasi noch unperfekter, die Essenz der großartigen Stücke. Mit PJ Harvey allein in einem kleinen Raum sein, ihre Musik hören – dieses Gefühl geben mir die Demo-Tapes.

5. Bob Dylan: Desire (1976)

An manchen Tagen höre ich »Isis« drei Mal hintereinander, in »Hurricane« ist zum Rassismus viel gesagt und niemandem muss man nach diesem Album erläutern, warum Dichtung und Songwriting eins sein können. Die Grundstimmung der LP changiert für mich zwischen weihnachtlicher Nostalgie, Erinnerung an meinen ersten Kontakt mit Dylans Musik und sie ist aufgeladen durch die Bilder der „Rolling Thunder Revue“ von Martin Scorsese. Wahrscheinlich mein Lieblingsalbum von Dylan (die Reduzierung wird ihm nicht gerecht).

6. The Cure: Kiss Me Kiss Me Kiss Me (1987)

Für mich hat die Revolution des Punk keinerlei Bedeutung, aber Post-Punk und New Wave, zwischen Joy Division und Depeche Mode prägen meine 1980er. The Cure sind mir die liebste Band dieser Zeit, ich höre sie immer wieder. Sie bilden eine Fusion von ironischer Dunkelheit, echter Düsternis, leidenschaftlicher Melancholie, schönsten Liebesliedern, poetischem Dunkel, in dem man nicht verschwindet; durch und durch romantische Musik. Wenn ich Robert Smith sehe – Why can’t I be you?

7. T-Rex: Electric Warrior (1971)

Lernte ich erst spät kennen, dann aber um so begeisterter. Dieser Mann, dieser Stil! Es lassen sich so viele, die ich mag, in Bezug zu ihm setzen: The Smiths sind von ihm beeindruckt, Nick Cave covert ihn, David Bowie reagiert auf ihn. Ich höre ihn immer wieder.

8. Fever Ray: Fever Ray (2009)

Eine der sehr wenigen Alben in meiner Sammlung, die man zu »Elektro« zählen könnte (neben Austra); aber der Gendertrouble, die androgyne Sinnlichkeit, die Stimmungsdichte von The Knife und Fever Ray, vor allem das Liveerlebnis und die Klangfarbe der digitalen Klänge fangen mich ein.

9. Jimi Hendrix: Band of Gypsys (1970)

Auf dem Zenit – groovy, Konzeptstark, sogar tanzbar und stimmlich einnehmend, unter den vielen Hendrix-Alben eins, auf das ich immer wieder zurück komme. 

10. Velvet Underground & Nico (1967)

Ich beschäftige mich viel mit Andy Warhol, ich mag die Musik Lou Reeds, ich bin beeindruckt von John Cale (der auch das legendäre Patti Smith Album produzierte), ich mag den Trash-Bossa-haften Gesang der Kölnerin Nico (einem Model aus Köln, die schon in La Dolce Vita mitspielte!). Das Meisterwerk künstlerischer Stimmungen lässt mich an Edie Sedgwick denken (die sporadisch mit auf der Bühne stand), an die ersten Songs von Nico (die Dylan-Songs sang, den Reed hasste), Velvet Underground hören ist wie eine anstrengende, aber inspirierender Nacht in der Factory.

Herzlichen Dank an Frank Berzbach für die Vorstellung seiner Top-Ten-Alben bei Sounds & Books. (Beitragsbild von Irene Zandel)

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