Foo Fighters: Medicine At Midnight

Foo Fighters Pressefoto Sony Music

Die Foo Fighters variieren ihren Rock-Sound

Ein Jahr nach dem großen Jubiläum (25 Jahre seit Erscheinen des noch fast im Alleingang eingespielten Foo Fighters-Debüts) veröffentlicht die inzwischen zum Sextett angewachsene Alternative-Stadion-Rock-Band des ehemaligen Nirvana-Drummers Dave Grohl mit „Medicine At Midnight“ ihr inzwischen zehntes Studioalbum – fertig ist es schon seit Monaten. Coole wie nette Leute sind die FFs allemal: Grohl gilt zu Recht als einer der sympathischsten Köpfe im Rock’n’Roll – fanfreundlich, für die richtigen Ziele aktivistisch, nerdig wie leidenschaftlich.  Leider erinnern die meisten Alben der Foo Fighters jedoch an das (zugegeben ziemlich fiese) Bonmot,das „nett“ als den „kleinen Bruder von Scheiße“ brandmarkt – weniger fies drückt es der Musik Express aus, wenn er etliches aus dem Repertoire der FFs als „egal“ bezeichnet. Ist „egal“ auch das größte Attribut der neuen Scheibe? Mal hören.

Der Vergleich mit David Bowies „Let’s Dance“

Foo Fighters Medicine At Midnight Cover RCA Sony Music

Der Opener „Making A Fire“ startet mit cheesy Na-Na-Na Chorus und verdient sich dieses Attribut schon mal umgehend – wer die FFs nur punktuell mag, wird sich bereits verabschieden wollen. Wer weiß, dass die größten Songperlen der Fighters selten am Anfang eines Albums stehen, hält allerdings durch. „Shame Shame Shame“ ist funky und verdeutlicht als erstes, wieso Grohl im Vorfeld häufig den Vergleich zu David Bowies mit Nile Rodgers eingespieltem „Let’s Dance“ bemühte. Nicht der letzte Ausflug in den Groove, es wird noch besser. „Cloudspotter“ anschließend mit Dan-Reed-Network-Gedächtnis-Gitarre reiht sich da ein – der „hardrockenden“ wie keimfreieren Variante des Crossover-Booms der Neunziger wird hier gehuldigt, ein schönes Amalgam aus Rock und Funk ist das in jedem Fall. Doch es wird sogar noch besser.

Die Foo Fighters eifern den Stones nach

„Waiting On A War“ als nächstes, ebenso wie „Shame Shame Shame“ im Vorfeld bereits als Single veröffentlicht, verarbeitet Grohls Ängste während des kalten Krieges und blickt sorgenvoll auf seine Tochter, die aktuell ähnliche Befürchtungen hegt. Musikalisch ein Stadion-Rocksong, wie er den Foo Fighters leicht von der Hand geht und der gut in die Live-Setlist passt. Folkige Streicher im Hintergrund addieren ungewohntere Nuancen und verbessern die Langzeitwirkung dieses Songs enorm.„Medicine At Midnight“ schließlich schlägt die Brücke zwischen laszivem Old School Funk und lässigen Stones-Gitarren. Viele Rockbands biederten sich an den Discosound der späten Siebziger Jahre an, doch die Rolling Stones schafften das mit Bravour. Die Foo Fighters mit diesem Stück ebenso. Ein Highlight des Albums.

Die Hymnik und Dynamik der Foo Fighters

Mit „No Son Of Mine“ folgt das zweite Highlight, wenn man Rock großschreibt und diesen nicht nur im Midtempo verordnet. Dass Dave Grohl Lemmy Kilmister von Motörhead liebt, hat er schon oft erwähnt wie bewiesen. In diesem Song ist diese Liebe spürbar. Leicht. Metalgegner brauchen sich nicht zu fürchten. Dann der Absturz mit „Holding Poison“. Lahm und sowas von egal wird hier konturenlos musiziert, während „Waiting On A War“ vorher ebenfalls nicht vor Innovation strotzte – im Unterschied zu „Holding Poison“ jedoch auf bewährte Weise hymnisch wie dynamisch wirkt; immer besser, je länger man das hört. „Holding Poison“ mehrmals zu hören wird dieses Stück nicht unbedingt relevanter machen. „Chasing Birds“ danach ist eine Laid-Back-Ballade, die ebenso auf einem John-Lennon-Album hätte drauf sein können. Für manche Menschen ist so etwas durchaus abschreckend.

In der Kürze liegt die Würze

Nach dem ähnlich am Fighters-Reißbrett entworfenen „Love Dies Young“ war es das dann auch schon wieder mit dem Album.  Ende nach 36 Minuten und ebensovielen Sekunden und das nach monatelangem Lockdown? Hatten die Foo Fighters „besseres zu tun“? Anscheinend. In der Kürze liegt die Würze, man kann das Ding ja gleich wieder hören? Stimmt. Aber lohnt sich das? Nicht für jeden. „Love Dies Young“ vereinigt alle FF-Trademarks in einem Song. Man kann dazu zunehmend exzessiv tanzen, mitsingen und sich sowie andere in einer herbeigesehnten Live-Atmosphäre mit Bier vollschütten –  ja, das klingt nach einer unbedingt zu ergreifenden Maßnahme, sollte es einmal wieder soweit sein, dass man die Foo Fighters in einem Stadion des Vertrauens besuchen darf. Ein schöner Ausblick. Ob man dieses Platte deswegen in den heimischen Schrank stellen muss, steht dagegen auf einem anderen Blatt.

„Medicine At Midnight“ von Foo Fighters erscheint am 05.02.2021 bei RCA / Sony Music (Beitragsbild: Pressefoto)

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