First Aid Kit: Who By Fire – Albumreview

First Aid Kit Credit Olof Ringmar

Das schwedische Folk-Duo First Aid Kit covert auf bezaubernde Weise die Songs von Leonard Cohen

Alle, die sich für gehobene Songkunst oder ebensolche Lyrik interessieren, mögen/respektieren oder lieben sogar Leonard Cohen. Nicht nur John Cale oder Nick Cave, der auf seiner Vor-Pandemie-Konversationen-Tour ständig nach seinem Verhältnis zu diesem, von ihm live oft gecoverten Künstler befragt wurde. Auch die schwedischen Schwestern Johanna und Klara Söderberg schätzen ihn. Beide sind besser bekannt als das fulminante Gesangsduo First Aid Kit, das seit 2007 immer größere Teile der Welt verzaubert mit ihrem Gesang und ihrer Musik, die sich gleichermaßen aus traditionellem US-Country wie Alternative-Folk bzw. Americana speist.

Mit Hilfe einiger Mitstreiter frönen First Aid Kit der Musik Leonard Cohens

First Aid Kit Who By Fire Cover Sony Music

Ihre vokalen Harmonien sind zum Dahinschmelzen; gleichermaßen beeindruckend wie die der von ihnen zitierten Emmylou Harris/Gram Parsons oder June Carter/Johnny Cash auf dem Referenzwerk „The Lion’s Roar“ von 2012. Seitdem haben First Aid Kit nicht nachgelassen, eine tolle Veröffentlichung jagte die nächste. Songs von ihnen wurden durch Werbejingles von u.a. Mercedes sowie American Express bekannt, ohne dass viele wussten, von wem diese Musik nun eigentlich ist. Jetzt veröffentlichen sie mitten in der gerade vorherrschenden, von Live-Musik befreiten Zeit ein Doppelalbum mit eben solcher. Aber eben nicht mit den hier zitierten, zauberhaften Eigengewächsen, sondern einen Mitschnitt zweier Abende vom März 2017, an denen sie der Musik sowie der Lyrik  Leonard Cohens frönten. Ausschließlich. Mit Hilfe einiger Mitstreiter. Darunter Schauspielerinnen (Nina Zanjani, Maia Hansson Bergqvist) sowie Singer/Songwriter:Innen wie Annika Norlin (Hello Saferide), Loney Dear, Jesper Lindell, Frida Hyvönen oder Maia Hansson-Bergqvist.

Einzigartiges Zusammenspiel

Die Aufnahme startet mit der Rezitation des Gedichtes „Tired“ und geht danach sofort über in einen der Klassiker Cohens schlechthin, „Suzanne“. Der zweite Über-Klassiker folgt später: das in der Vergangenheit von Sängern wie Jeff Buckley perfektionierte und inzwischen ubiquitär totgedudelte „Halleluja“. Können die Schwestern mit Hilfe von Annika Norlin da stimmungstechnisch mithalten? Jein. Eine gewisse Beliebigkeit ist an dieser Stelle nicht zu ignorieren, aber betrachten wir das Gesamtbild, das komplette Konzert: taugt das was, auch wenn man es mit viel bösen Willen als Fan des hier Gehuldigten am Ende doch als Sakrileg empfinden mag? Ich finde, schon. Die Stimmen der Schwestern sind natürlich viel höher als die Cohens, ihre Klangfarben jedoch  bezaubernd, ihr Zusammenspiel einzigartig.

Überzeugende Hommage an Leonard Cohen

„Chelsea Hotel“, der Song, in dem Cohen unsubtil Oralsex mit (mutmaßlich) Janis Joplin beschreibt und für den er sich später entschuldigte, wird in dem unzweifelhaft männlichen Part von Jesper Lindell vorgetragen – später übernimmt eine der Schwestern den Abschnitt, in dem diese (Janis Joplin ?) Cohen noch ein bisschen demütigte. So gewinnt der Song (sowie einige andere) an der weiblichen Intonation. Auch „Famous Blue Raincoat“ überzeugt durch die Mehrstimmigkeit bzw. durch das glockenklare Organ von (in diesem Fall) Maja Francis. Laut den Söderberg-Schwestern wurde nichts an den aufgenommenen Songs und Gedichten nachgebessert, um sich besser vorstellen zu können, „man wäre direkt im Geschehen“. Mission gelungen. „Who By Fire“ ist eine überzeugende Hommage an einen der ganz Großen, bei dem nur unflexible Jünger das Haar in der Suppe finden mögen. Allen anderen sei dieser Konzertmitschnitt an Herz und Ohren gelegt.

„Who By Fire“ von First Aid Kit erscheint am 26.03.2021 bei Sony Music. (Beitragsbild von Olof Ringmar)

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