Große Gefühle und herzzerreißender Folk-Pop der Söderberg-Schwestern
Ist es verwunderlich, dass Jack White, Conor Oberst und auch Robin Pecknold von den Fleet Foxes bekennende First Aid Kit-Fans sind? Dass First Aid Kit in der Lage sind, die fabelhafte Emmylou Harris mit dem Song „Emmylou“ zu Tränen zu rühren? Kann man eigentlich nicht Fan von First Aid Kit sein? Nein, gewiss nicht. Wer sich von dem traumhaft schönen Folk-Pop der Schwestern Klara und Johanna Söderberg nicht verzaubern lässt, hat ein Herz aus Stein oder noch nie wahre Gefühle zugelassen. Die Fanbasis wird immer größer, nicht nur im heimatlichen Schweden, wo bereits die letzten beiden Alben die Charts anführten, auch in anderen europäischen Ländern und den USA wächst die Begeisterung.
Der Siegeszug der Söderberg-Sisters ist nicht zu stoppen und das neue Album Ruins ein weiterer Meilenstein in der Karriere der 1990 und 1993 geborenen Damen. Für den von Tucker Martine (My Morning Jacket, Laura Veirs) produzierten Longplayer fanden sich im Studio u.a. so illustre Gäste wie Wilco-Schlagzeiger Glenn Kotche, Peter Buck von R.E.M. und McKenzie Smith von Midlake ein, die den zehn neuen First Aid Kit-Songs auf Ruins zu strahlendem Glanz verhelfen. Die Zeiten sind düster, die Herzen gebrochen, doch mit ihren glasklaren und begnadeten Harmoniegesängen stemmen sich die Söderbergs mit ihrem „Rebel Heart“ bereits zu Beginn des Albums gegen allzu schwermütige Stimmungen. Mehr Keyboards als von First Aid Kit gewohnt und auch Bläserarrangements kommen beim kraftvollen und gleichfalls erhabenen Opener zum Einsatz.
Melancholie und dunkle Töne bleiben trotzdem treibende Faktoren im Songwriting von First Aid Kit, auch wenn zunächst in „It’s A Shame“ das herzzerreißende Schwelgen im Vordergrund steht, wenn die Orgel im Hintergrund jubiliert, der Rhythmus zum Tanzen einlädt und die Harmoniegesänge für überbordende Emotionalität sorgen. Im verträumt-balladesken, zeitweise feierlich-pathetischen „Fireworks“ ist die Traurigkeit allgegenwärtig, aber ästhetisch wertvoll verpackt. „Postcards“ dann die reine Country-Lehre der Marke Gram Parsons und Emmylou Harris, „To Live A Live“ ein auf der akustischen Gitarre basierendes, sehr inniges Stück, das sich am Ende geborgen in den Schlaf wiegt.
„My Wild Sweet Love“ beweist neue rhythmische Ecken und Kanten bei First Aid Kit, „Distant Star“ ein makelloser, mit dunkler Schönheit gewobener Americana-Track, der unter die Haut geht und das ruhige „Ruins“ verzückt das Gemüt. Zu einer Trompete schmettert ein Chor indes kneipentauglich ein lautes „Lalala“-Reigen in „Hem Of Her Dress“. Melancholie, bombastisches Pathos und Streicherarrengements treffen bei „Nothing Has To Be True“ aufeinander und beenden das Album auf majestätische Art. Und wer bisher noch kein Fan von First Aid Kit war, ist es nach dem Hören von Ruins. Ein erstes ganz fettes Ausrufezeichen des Jahres im Folk-Pop-Country-Rock.
„Ruins“ von First Aid Kit erscheint am 19.01.2018 bei Columbia / Sony Music (Beitragsbild: Pressefoto First Aid Kit).
Ist das der Promotext der Plattenfirma?;-)
Ja, die beiden Schwestern haben schöne Musik gemacht, neigen jedoch zu Mainstream und dem Schielen auf ein Charterfolg. Man kann also Fan sein + nicht völlig in Liebe verfallen.
Was ist denn so falsch daran, mit guter Musik in den Charts zu landen? Und es mag vielleicht Journalisten geben (ich hoffe nur wenige oder keine), die Promotexte abschreiben, dieses Vorgehen ist bei Sounds & Books jedenfalls nicht üblich.