Element Of Crime live in Hamburg

Die melancholischste Rock’n’Roll-Band Deutschlands am 20.03.2015 zu Gast in der Hamburger Sporthalle

Text und Fotos von Gérard Otremba

Es ist gut zu wissen, dass Element Of Crime einen auch nach so langer Zeit noch überraschen können. Seit 30 Jahren ist die Berliner Band aktiv, seit 21 Jahren bei mir ganz oben auf der Liste und nach 15 Jahren beschließen Sven Regener, Richard Pappik, Jakob Ilja und David Young den Song „Immer nur geliebt“ vom EP-Soundtrack Irgendwo im Nirgendwo zur Bochumer Peter-Pan-Theateraufführung in die Setlist zu integrieren. Eine wunderbare Idee, kommen doch in diesem Lied so schöne Wörter wie „Schnittchenschmierer“, „Tierfilmgucker“ und „Sitzenpinkler“ vor.

Die Backing Vocals übernehmen hierbei, genauso wie beim zuvor geschmetterten „Love And Happiness“ (dem wohl kürzesten Element Of Crime-Song aller Zeiten) Apples In Space. Das in Berlin ansässige Duo trat bereits bei einigen Konzerten auf der Club-Tour der Elements 2013 als Support auf, brachte unlängst ihr selbstbetiteltes Debütalbum auf den Markt und stellt dem Publikum beim ersten Hamburg-Gig ihres Lebens einige Stücke daraus vor. Die Norwegerin Julie Mehlum un der Berliner Phil Haussmann wissen auch an diesem Abend mit ihren anmutigen Folk-Songs, wie „I Was The Moon“, „Paper Town“ oder „My Love Is A Bullet“ zu berühren und gewinnen dankenswerterweise viele neue Anhänger.

Das ursprünglich für den 08.03. angesetzte Hamburg-Konzert von Element Of Crime musste wegen Erkrankung David Youngs kurzfristig verlegt werden, ein Nachholtermin mit dem 20.03.2015 war schnell gefunden und so kommen endlich auch die Hamburger Fans in den Genuss, mit dem Element-Klassiker „Damals hinterm Mond“ begrüßt zu werden. Unterstützt wird das Berliner Quartett auf der aktuellen Tour von Saxophonist Rainer Theobald, der bereits beim letzten Album Lieblingsfarben und Tiere einige überragende Akzente setzte und live in der Hamburger Sporthalle diversen Songs noch mehr Tiefenwirkung verleiht. Wie beispielsweise während „Gelohnt hat es sich nicht“, wenn Theobald Sven Regeners sehnsüchtiges Trompetenspiel sanft umgarnt. Ähnliches gelingt bei einem der schönsten Liebeslider von Element Of Crime, das vom Publikum enthusiastisch aufgenommene „Am Ende denke ich immer nur an dich“, und das düstere „Nightmare“ erfährt durch Theobalds Saxophon eine schräge und gleichwohl unheimliche Note.

Sämtliche Songs der neuen, ausgezeichneten Platte stehen auf dem Programm, zumeist herrlich melancholische Stücke wie „Am Morgen danach“, „Rette mich (vor mir selber)“, „Schwert, Schild und Fahrrad“ oder „Wenn der Wolf schläft müssen alle Schafe ruhen“. Flüsse, Nordsee und die Sehnsucht, Themen, die in Hamburg gut ankommen. Geradezu raubeinig und rock’n’rollig schmettern Element Of Crime „Schade dass ich das nicht war“ und viel zu früh biegen sie mit dem Schunkler „Kaffee und Karin“ auf die Zielgerade, die mit einem schwungvollen „Immer da wo du bist bin ich nie“ und der bösen „Straßenbahn des Todes“ betreten und mit „Lieblingsfarben und Tiere“, wo Regener und Theobald sich aufs Schönste mit Trompete und Saxophon ergänzen, erreicht wird.

 Die Zugaben dann wie üblich zum Abfeiern. Ein herzzerreißendes „Weißes Papier“, der allseits beliebte Hit „Delmenhorst“, Richard Pappiks Mundharmonika bei „Vier Stunden vor Elbe 1“ sowie „Draußen hinterm Fenster“ und zu guter Letzt „Alten Resten eine Chance“ und das grenzenlos romantische „Dieselben Sterne“. Dazwischen immer wieder das verschmitzte Lausbubengesicht Regeners, der in seiner schrulligen wie knuffigen Art alles im Griff hat und nonchalant durch den Abend führt. Es ist wie immer nach einem Element Of Crime-Konzert. Alles schön, alles gut, viele Songs (diesmal 25 an der Zahl), Glückseligkeit und Zufriedenheit, und doch bleibt immer ein Stück Wehmut zurück, etliche Lieblingssongs nicht gehört zu haben. Was nicht verwundert, bei mittlerweile 14 Studioalben wird es mit der Setlist immer komplizierter. Am Ende jedoch lieben wir alle Element Of Crime-Songs und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.

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