Elbjazz 2024 – Festivalreview

Elbjazz Festival Hamburg 2024 Akua Naru by Niko Schmuck Sounds & Books

Mehr Vielfalt geht kaum: Beim Elbjazz reihten sich große Namen an vielversprechende Nachwuchsacts. Am Ende waren alle glücklich

Text von Sebastian Meißner, Fotos von Niko Schmuck

Man könnte den Bericht übers diesjährige Elbjazz-Festival am 07.+08.06. in Hamburg mit der Erwähnung des ärgerlichen Regens beginnen, der an beiden Festivaltagen zu viel Raum einnahm. Oder mit der Grundsatzdiskussion, ob ein Event mit diesem Titel nicht mehr klassischen Jazz und weniger Indie-Bands beinhalten müsste. Man kann aber auch davon erzählen, wie unbeirrt das Hamburger Publikum selbst im ungemütlichsten Regen bei bester Laune feierte. Oder davon, dass gerade die Genreerweiterung die Besucherstruktur veränderte und für zahlreiche Überraschungen sorgte. Denn am Ende dieser zwei Tage sah man allerorts in erschöpfte, aber glückliche Gesichter.

Das Elbjazz-Festival zwischen Pathos und stillen Gesten

Doch fangen wir vorne an. Beim Gang auf das Gelände fällt zunächst der gelungene Umbau auf. Die Hauptbühne steht nun parallel zu der Am Helgen. Dadurch ist es viel schneller und unkomplizierter möglich, zwischen den Bühnen zu wechseln, die nahtlos hintereinander bespielt werden. Schon am ersten Festivaltag reiht sich ein Highlight ans nächste. Für Swing-Anhänger ist der Auftritt von Tenor-Saxofonist Scott Hamilton in der Schiffbauhalle ein Muss. Der inzwischen fast 70-Jährige und seine Band spielen ein engagiertes Set, das nicht nur in den schnellen Nummern, sondern vor allem auch in den Balladen mitreißt. Einen ganz anderen Ansatz verfolgen Warhaus alias Maarten Devoldere auf der mittelgroßen Bühne Am Helgen. Die Band spielt große Melodien mit noch größerem Pathos und zieht damit das gesamte Gelände in ihren Bann. Es ist vor allem der Wechsel aus bombastischen Parts und stillen Gesten voller Herzschmerz, der ergreift.

Tanzbar und mitreißend ist dann das Set von Akua Naru. „Tonight it’s all about love“ ruft sie immer wieder der Menge zu. Ihre Band ist von Beginn an on fire und peitscht Stücke wie „Mr. Brownskin“ oder „Joy“ mit jeder Menge Verve in die Menge.

Unbeschwerte Leichtigkeit mit L’Imperatrice

Zum absoluten Überraschungs-Highlight am ersten Tag geriet der Gig von L’Imperatrice aus Frankreich. Ihr eleganter Funk-Pop sorgte für strahlende Gesichter. Stücke wie „Ma Starlight“, „La Lune“ oder „Matahari“ vermitteln eine unbeschwerte Leichtigkeit, die sich einbrennt. Und das ist das Schöne am Elbjazz: Natürlich lieferten auch die großen Namen ab (The Streets waren ebenso umwerfend wie Jungle, die beide alle Versprechen halten konnten und auch Asaf Avidan überzeugte mit seiner stimmlichen Bandbreite und seinen intensiven Songs), es ist aber auch ein Festival für die überraschenden und ungeplanten Entdeckungen.

Neuer Text bei Belle & Sebastian

Das gilt auch für Tag 2, den Arc de Soleil mit Khruangbin-ähnlichen Sounds auf der Hauptbühne geschmeidig eröffneten. Ilgen-Nur und Betterov holten vor allem das jüngere Publikum ab. Am frühen Abend verzückte Bassist Alune Wade mit Band und seiner Mischung aus Jazz, Afrobeat, Soul und westafrikanischem Highlife das Publikum. Und während Belle & Sebastian auf der Bühne ihren Hit „Another Sunny Day“ kurzfristig in „Another rainy Day“ umtexteten, lasen St. Paul & The Broken Bones nebenbei die Messe. Wie sich Sänger Paul Janeway durch Songs wie „Like A Mighty River“ und „Got It Bad“ arbeitet und leidet, kriegt man in der Qualität nur ganz selten zu hören. Wahnsinn!

Patrice und Faithless beim Elbjazz

Richtig Spaß machte der Gig von Patrice, der mit einer extralangen Version von „Soulstorm“ den nachhaltigsten Ohrwurm pflanzte. Den krönenden Abschluss lieferte dann das Konzert von Faithless, denen es gelang, das Clubgefühl ihrer Musik auch auf die große Bühne zu bringen. Respektabel auch ihr Bemühen, die verstorbene Ikone Maxi Jazz würdevoll zu ersetzen. Als letzten Song wählten sie „We come 1“. Und kein anderer Song hätte passender sein können für dieses Festival. Das waren zwei wundervolle Tage.      

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