Ekaterine Togonidze: Einsame Schwestern – Roman

Ekaterine Toganidze by Teona Dolenjashvili

Ein bewegender Roman der georgischen Autorin Ekaterine Togonidze

Das Schicksal meinte es nicht gut mit den einsamen Schwestern. Ihre Mutter starb bei der Geburt, ihren Vater lernten sie nie kennen und sie sind siamesische Zwillinge, von der Hüfte abwärts für immer vereint. Diana und Lina wachsen abgeschieden bei ihrer Großmutter auf, die sie von der Außenwelt beschützen will, aber gleichzeitig liegt auch sehr viel Scham in ihrem Verhalten. Lediglich der zunächst nicht näher deklarierte „Verwandte“ Zaza bekommt die Zwillinge zu Gesicht. Ihre Bildung speisen Lina und Diana aus Großmutters Unterricht, aus Fernsehsendungen und Illustrierten. Als sich die beiden im fortgeschrittenen Teenageralter befinden, stirbt ihre Großmutter nach längerer Krankheit und eine Überschwemmung spült ihr Hab und Gut weg.

Ekaterine Togonidze wählt ein hartes Thema für ihren Debütroman

Ekaterine Togonidze Einsame Schwestern Cover Septime VerlagNach einem Krankenhausaufenthalt landen die Schwestern im Zirkus, zunächst ein großer Sehnsuchtsort, der sich in Wahrheit als Alptraum mit Momenten größter Demütigung und seelischen wie körperlichen Missbrauchs entpuppt. Für ihren Debütroman Einsame Schwestern hat sich die georgische Schriftstellerin Ekaterine Togonidze harten Stoff ausgesucht und die Chronik eins angekündigten Todes geschrieben. Zu Beginn des Romans erfährt Rostam, der Vater von Diana und Lina, vom Tod seiner Eleven, die er nie kennengelernt hat und aufgrund ihrer Tagebücher die Existenz der beiden nachvollziehen kann. Aus diesen Tagebucheinträgen besteht der Roman, in dem Ekaterine Togonidze das Innenleben ihrer jungen Protagonisten ungemein feinfühlig zeichnet. Wir begegnen einerseits der verträumten Lina, die sich im Schreiben von Gedichten versucht, und andrerseits der wesentlich abgeklärteren Diana, die häufig ein wenig despektierlich auf Lina hinabschaut.

Ein beklemmender Roman

Sie müssen sich das ganze Leben teilen, die Tagebücher sind ihr einziger Rückzugsort, beharrlich achten sie darauf, dass die jeweils andere nichts von den eigenen Einträgen lesen kann. Abwechselnd präsentiert uns Togonidze Linas und Dianas Aufzeichnungen, die sie alters-, bildungs-, und charaktergerecht mit einer einfachen, aber berührenden Sprache in Szene setzt. Zwischen diesen subjektiv-introspektiven Zwillingssichtweisen wartet Ekaterine Togonidze als auktoriale Erzählerin auf, wenn sie eindringlich die Wirkung der Schreckensnachricht auf  Rostams Leben erzählt. Einsame Schwestern ist ein bewegender, teilweise schockierender und an die Nieren gehender, beklemmender Roman. Ein schmales Buch, das so viel über die Welt verrät, wie manch ein Tausendseitenroman.

Ekaterine Togonidze: „Einsame Schwestern“, Septime Verlag, aus dem Georgischen von Nino Osepashvili und Eva Profousová, Hardcover, 180 Seiten, 978-3-902711-74-8, 20 € (Beitragsbild by Teona Dolenjashvili).

Kommentar schreiben