Ein vorzüglicher Auftritt von Dylan LeBlanc und seiner Begleitband The Steel Vaqueros in der Hamburger Nochtwache
Text von Gérard Otremba, Fotos von Sarah Ismail
Man würde sich ja nach vielen Jahren gerne nochmal Neil Young & Crazy Horse live anschauen, aber der große kanadische Americana-Meister und seine kongeniale Rockbegleitband wollen ja irgendwie nicht mehr in Deutschland und damit auch in Hamburg auftreten. Aber, und man kann in diesem Zusammenhang nicht von einem Ersatz sprechen, gibt es da doch Dylan Leblanc. Der 34-jährige, aus Louisiana stammende Musiker, der sich mit seinen beiden letzten, von Sounds & Books besprochenen Alben „Renegade“ und „Coyote“ in meiner Liste ganz weit nach vorn gespielt hat, trat mit seiner vierköpfigen Begleitband The Steel Vaqueros (Keyboard, Gitarre, Schlagzeug, Bass) am 30.08.2024 in der ausverkauften Nochtwache des Nochtspeichers auf.
Ein behutsamer Konzertbeginn von Dylan LeBlanc
Alles, was Dylan LeBlanc mit diesen Platten versprach, hielt der amerikanische Songwriter während des 90 Minuten dauernden Auftritts in Hamburg. Endlich trat er in Hamburg auf, schließlich erschien sein aktuelles, fünftes Album „Coyote“ schon vor fast einem Jahr. Mit zwei neuen Songs, „Dark Waters“ und „Closin‘ In“, begann das Konzert, ein behutsamer, fast zu Tagträumen einladender, aber den Desert-Sound seines Americana-Country-Folk-Rock schon wunderbar einfangender Einstieg zu einem superb verlaufenden Gig. Dass es nicht nur in diesem eher gemächlich verschleppten Tempo weitergehen würde, war natürlich klar. Spätestens bei „Look How Far We’ve Come“ kam es zu einem fast jamartigen Rockspektakel, der bei „Bang Bang Bang“ oben erwähnte Crazy-Horse-Intensität annahm. Zwischen den sehr lauten Stücken immer wieder mal romantisch-schöne Balladen wie „Dust“ und „Stranger Things“, live zwar ohne Streicher, aber nicht minder wirkungsvoll gespielt.
Ein verzücktes Publikum
Das hymnische „Born Again“ hingegen verlangte geradezu nach einer wesentlich größeren Bühne und in einer gerechteren Welt hätte Dylan LeBLanc damit längst einen Smash-Hit gelandet, aber der Genuss war auch in der überaus warmen Nochtwache ein vorzüglicher. LeBlancs Gitarrensolo bei „Hate“ und der krachende Heartland-Rock von „Renegade“ ließen das Publikum verzückt zurück, das nach der 14-minütigen Zugabe „Cautionary Tale“ (samt kurzer Soli der The-Steel-Vaqueros-Mitglieder) zu Recht auf dem Kopf stand und mit „Honor Among Thieves“ eine weitere Zugabe erklatschte. Diese spielte Dylan LeBlanc solo und bedankte sich vorab mit einem „what a great crowd“. In der Tat. Und ein „great“ Musiker stand mit einer klasse Band auf der Bühne. Wer also der Musik von Neil Young, Israel Nash und Tom Petty (dessen Musik passenderweise vorab aus den Lautsprechern erschallte) viel abgewinnen kann, der sollte Dylan LeBlanc auf keinen Fall verpassen.