Depeche Mode live in Hamburg 2018 – Konzertreview

Die britischen Synth-Pop-Helden bringen die Hamburger Fans in Wallung

Auf den Sitzen halten sich nur die allerwenigsten Besucher. Von den ersten Klängen des Openers „Going Backwards“ an herrscht beim Depeche Mode-Konzert der Global Spirit-Tour am 11.01.2018 in der seit Monaten ausverkauften Hamburger Barclaycard-Arena eine überbordend-euphorische Stimmung. Die Fans eine wippend-wogende, armeschwenkende, ausgelassen feiernde Menge. Und sie haben allen Grund dazu. In der „Liebt mich“-Pose taucht Sänger Dave Gahan auf dem Podest über der Bühne, eine Silhouette vor einer farbenprächtigen Leinwand. Doch bereits beim zweiten Song „It‘s No Good“ schwitzt der Depeche Mode-Frontmann aus allen Poren.

Gahan ist schätzungsweise die größte Bühnen-Diva seit dem Ableben von Freddie Mercury. Eine echte Rampensau. Er dreht seine Pirouetten, ist fast ständig in Bewegung, greift sich in den Schritt und wackelt kameratauglich mit seinem Knackarsch. Und manchmal lächelt er verschmitzt. Keine Spur von Verschleißerscheinungen bei den Mittfünfzigern, wenngleich Martin Gores Lidschatten eine Spur zu sehr auf Coolness und Drama gestylt ist. Die Synthpop-Heroen, die den Elektro-Blues nicht minder beherrschen,  präsentieren naturgemäß eine hörenswerte Hit-Sammlung, (mit „Going Backwards“, „Where’s The Revolution“ und „Cover Me“ spielen Depeche Mode nur drei Songs von aktuellen Album Spirit) mit einem satten und durchdringenden Bass-Sound, der dumpf in „Barrel Of A Gun“ vibriert und bei „A Pain That I’m Used To“ donnert und rockt.

Das elegante „Precious“ entpuppt sich als erstes absolutes Highlight, aber alles in den Schatten stellt an diesem Abend die epochale Wahnsinnsversion von „Everything Counts“. Der älteste Song auf der Setlist – „Everything Counts“ erschien 1983 auf Construction Time Again – fällt in den Jungbrunnen und explodiert wie das schönste Feuerwerk auf Erden. Gleichzeitig läutet das Stück den finalen Countdown ein, der mit „Stripped“, „Enjoy The Silence“ und „ Never Let Me Down Again“ drei weitere Klassiker der langen Depeche Mode-Karriere bietet. Songs, die von stimmgewaltigen und textsicheren Fans intoniert werden, eine ihnen teils zugrunde liegende Schwermut wird einfach weggesungen.

Martin Gore singt die erste Zugabe „Strangelove“ in einer Pianofassung, die Dramatik bleibt, die Geschwindigkeit fehlt, doch intensiver als seine akustische Version von „Insight“. In das fiebrige und pulsierende „A Question Of Time“ legen Gahan, Gore, Fletcher sowie Drummer Christian Eigner und Bassist Peter Gordeno nochmal alle Kraft, bevor das Konzert nach knapp über zwei Stunden mit „Personal Jesus“, dem besten aller Depeche Mode-Songs würdig und enthusiastisch endet. Depeche Mode sind live immer noch eine Bank, auch 38 Jahre nach ihrer Gründung.

(Beitragsbild: Depeche Mode by Stefan Malzkorn)

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