Große Party mit Deichkind: Die Hamburger Hip-Hop-Formation feiert ausgelassen mit ihren Fans beim ausverkauften Heimspiel am 26.08.2023 auf der Trabrennbahn
von Sebastian Meißner
Deichkind-Konzerte sind ja immer Abrisse mit Ansage. Und das muss man erstmal schaffen: Die Erwartungshaltung an eine ekstatische Erfahrung jedes Mal aufs Neue zu erfüllen. Deichkind haben ihre Show perfekt daraus abgestimmt. Satte zwei Stunden lang bleibt hier alles auf vollem Anschlag: Sound, Optik und Botschaft. Alles sitzt perfekt.
Die Deichkind-Garantie
„Endlich wieder zuhause“ begrüßen sie ihr Publikum im ersten Song „Tetrahedon“. Und gut 25 000 Hamburger bereiten ihnen einen Empfang, den man bis nach Pinneberg gehört haben dürfte. Es folgen im ersten Block unter
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anderem „So‘ ne Musik“, „Geradeaus“, „Die Welt ist fertig“ und „Auch im Bentley wird geweint“, bei der auf einer riesigen Chancel-Tasche Rodeo geritten wird. Und auch das muss man immer wieder mitbetonen. Bei aller Abriss-Rave-Garantie haben Deichkind immer noch was zu sagen: Sie stellen sich klar gegen Fremdenfeindlichkeit, die deutsche Gemütlichkeit, prangern die Folgen des Kapitalismus und Ausbeutung an und reflektieren auch sich selbst und ihre Generation (z.B. in „Kids in meinem Alter“).
Feinjustierte Deichkind-Tracks
Der Hits-Block lässt dann keine Wünsche offen: „Leider Geil“, „Richtig gutes Zeug“, „Bück dich hoch“ oder „Arbeit nervt“ knallen von Anfang bis Ende und geben kaum Zeit zum Luftholen. Die Choreografien und Bühnenbilder treffen trotz anarchistischen DIY-Charakters voll ins Schwarze. Musikalisch wurden die Tracks feinjustiert. Hier ein Break, da ein Fill: Viele kleine Details wurden eingebaut und halten das Set so frisch. An „Bon Voyage“ (bei dem Samy Deluxe mithilft) und „Komm schon“ wurde besonders viel geschraubt, hier sind alle Strophe anders umgesetzt. Spaß macht das.
Bis zur völligen Erschöpfung
Im letzten Block des Sets dann treiben „Bude voll People“, „Roll das Fass rein“, „Niveau Weshalb Warum“, „Hört ihr die Signale“, „Limit“ und das unvermeidliche „Remmidemmi“ das Publikum zur völligen Erschöpfung. Band und Publikum gehen Hand in Hand in ihrem eigenen Chaos aus Rausch, Konfetti und Umwälzungswut unter. So endet die Show, so beginnt die Nacht.
Deichkind befreien aus dem Alltag, aus der Routine, aus der Regelkunde. Ihr Trotz und ihre Verweigerung sind positiv konnotiert und kommen ganz ohne Motivationssprüche aus. Vielleicht es das, was ihnen so viel Kraft gibt: Sie zeigen, dass es eigentlich ganz einfach ist, nicht bei allen machtstützenden Ungerechtigkeiten mitzumachen. Und dann auch noch dabei feiern. Geht doch gar nicht besser.
(Beitragsbild: Deichkind, Pressefoto von Benjakon)