Dave Grohl spielt seine Qualitäten als Storyteller in seiner Autobiographie voll aus
Man kann Nirvana längst hinter sich gelassen haben und mit den Foo Fighters nie viel anfangen können: Dave Grohl wird man vermutlich dennoch mögen. Gründe dafür gibt es zahlreiche: er hat nie gejammert, gibt sogar mit gebrochenem Bein Konzerte, hat und vermittelt Spaß, musiziert sowohl mit Lemmy als auch mit Rick Astley zusammen, baut Brücken zwischen Genres und Generationen und ist zudem immer auf dem Boden geblieben. Dass die Foo Fighters schon ewig kein gutes Album mehr veröffentlicht haben und Dave seinen Kopf vielleicht ein Mal zu viel in die Kamera irgendeiner Dokumentation gehalten hat: egal. Seinem Charme ist einfach nicht zu entkommen.
Dave Grohl Flucht aus der Provinz
Als Storyteller ist Grohl eh eine Kanone. Das weiß man von seinen Konzerten und TV Show-Besuchen. In seinem etwas fade betitelten Buch „Der Storyteller – Geschichten aus dem Leben und der Musik“ spielt er diese Qualität nun voll aus. Grohl berichtet in chronologischer Reihenfolge aus seinem Leben. Er beginnt mit seiner „vorstädtischen Toastbrot-Existenz in Virginia“, aus der er früh entschließt auszubrechen. Wie durch ein Wunder, so schreibt Grohl selbst, sei sein Gedächtnis noch noch immer „ziemlich intakt“. Zum Glück habe er „Momente gesammelt“, die aneinandergereiht gerade deshalb so kurzweilig zu lesen sind, weil sie alle einen roten Faden haben: die Musik.
Als Punker plötzlich die Nummer 1
Grohl ist durchaus nicht monothematisch interessiert. Doch Musik ist das alles verbundene Element. Der Kindheitstraum, das Zukunftsversprechen und der Mojo gegen das Aufhören. Grohl schreibt über seine musikalischen Idole (es ist vor allem die Band Stream, die ihn inspirierte), Übernachtungen bei Schlammcatherinnen, die Kunst, mit drei Corn-Dogs pro Tag mehrere Wochen zu überleben, sein Motto „Fake it till you make it“, den inneren Konflikt, als Punker plötzlich ein Nummer 1-Album in den Charts zu haben, den Moment, in dem er am Telefon erfuhr, dass Kurt Cobain gestorben ist, seinen Entschluss, weiterzumachen, das Glück der eigenen Familie, das Altern in Würde.
Grohl sucht die Nähe
Dabei lässt Grohl es zu, dass man ihm nahekommt. Auch, weil er sein Leben nicht als Heldengeschichte erzählt, sondern als eine Aneinanderreihung von Entscheidungen und Begebenheiten, die nur in der vollständigen Annahme und Akzeptanz, erträglich und nutzbar werden. Fast hätte man sich mehrere Ausgaben gewünscht – eines über seine musikalischen Vorbilder, eines über Nirvana, eines über das Arbeiten in Studio und auf der Bühne. So bleiben viele vielversprechende Schilderungen in der Andeutung stecken. Aber was kann man sich mehr wünschen von einer Biografie als eine Zugabe.
Dave Grohl: „Der Storyteller – Geschichten aus dem Leben und der Musik“, Ullstein Verlag, übersetzt von Dieter Fuchs Hardcover, 464 Seiten, 9-783-550-20203-2, 22,99 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)
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