Dana Dentata: Pantychrist – Albumreview

Dana Dentata Pressefoto Roadrunner Records Warner Music

„Pantychrist“ von Dana Dentata: Eine Wundertüte aus der Hölle

Dana Dentata war vorher Dentata – eine Underground-Rockband aus Kanada. Heftiger, schwerer Garagen-Riffrock illustrierte dort die Texte zwischen Provokation und Selbstbestimmung. Drei empfehlenswerte Stücke kann man auf Bandcamp finden, darunter ein sehr räudiges Girlschool-Cover. Als Solo-Musikerin, laut „Vice“ eine „neue, verbesserte Version“ ihrer Selbst, verlässt Dana diesen exzessiven Rock’n’Roll-Pfad und pusht ihn in die Nachbarschaft moderner Crossover-Künstler wie z.B. Ghostmane, startet ihr Album jedoch noch recht gediegen mit dem Song „Pantychrist“: Old-School-Crossover à la „Judgement Night“ – der ikonische Soundtrack des gleichnamigen und inhaltlich eher zu vernachlässigenden Films von 1993 –  lässt grüßen.

Die Wiedergeburt

Der Bumms, die eingesampelten Geräusche sowie die Art des Vortrages sind überaus Neunziger, der Text ist es allerdings weniger: Da wird eine Wiedergeburt beschrieben (ihre eigene augenscheinlich), Warnungen werden ausgesprochen und – wie auch schon bei Dentata – der Band: lyrisch im Blut gebadet. Mit satanischen Metalklischees hat das jedoch nichts zu tun, eher mit einer Diamanda Galás-Performance, die sich mit der von New Order beschallten Szene aus „Blade“ paart, indem der komplette Club in den Vorzug einer (Menstruations-)Blutdusche kommen darf.

Dana Dentata kotzt sich die Seele aus dem Leib

Dana Dentata Pantychrist Cover Roadrunner Records

Mehr Eskalation dann bei „Church Hooker“: mehr Industrial, mehr New-Metal, mehr Hall, mehr Trap, mehr Hysterie. „Split“ mit Travis Barker, u.a. bekannt durch seine Mitwirkung bei Blink-182, kommt dem absoluten Wahnsinn dann schon recht nahe: Dana kotzt sich die Seele aus dem Leib, unterbrochen von lasziven Beschwörungen und maskuliner Abwertung – nicht nur der Titel erinnert hier an den Multipersönlichkeits-Parcours von James McAvoy im gleichnamigen Film. Mit „I know what you did last summer“ folgt der nächste Filmtitel auf diesem, an Referenzen an die Pop-Kultur nicht armen Werk. Inwieweit das gesamte Album in einem feministischen Kontext zu bewerten ist entzieht sich mangels Textblatt und Kenntnis der Theorie meinem Wissen – dass ausgerechnet Marilyn Manson sowie Kanye West als Mentoren oder Förderer von Dana Dentata ständig in Interviews wie Berichten erwähnt werden ist diesbezüglich allerdings schon ein wenig sonderbar.

Dentata zollt Respekt

Getoppt wird das von der ständig wiederholten Feststellung, dass Dana Dentata den ersten rein weiblichen Act auf dem legendären Metal-Label Roadrunner darstellt (gegründet 1980) – würde vermuten, dass dies eher ein Grund  ist, sich für vergangene Versäumnisse in diesem Zusammenhang zu schämen. Das ändert jedoch alles nichts an der Tatsache, dass „Pantychrist“ ein hoch interessantes Album ist, das Dentatas Einflüsse auf sehr eigene Art bündelt und dabei diversen Vorgängerinnen Respekt zollt – unbequeme Querulantinnen wie Courtney Love z.B., oder die auch von Lemmy Kilmister hoch geschätzte Wendy O.Williams („the most underrated rock star in the world“ gibt Dana im Blog „Love“ zu Protokoll) ebenso wie unterschätzte Popsängerinnen wie Britney Spears.

Eine Hook wie aus einem Avril Lavigne-Song findet man in „Apology“, die dem pumpenden Trap-Gebasse damit einen feinen Kontrast beschert; „Happy Family“ oder „Like A Preyer“ (ja, mit e) schmeicheln sich besorgniserregend in die Gehörgänge und bescheren Gänsehaut – manisch, creepy wie furchteinflößend. Musikalisch ist das eine Wundertüte aus der Hölle, die sich damit ins Vorprogramm von Acts wie Slipknot oder eben Ghostmane empfiehlt. Spannend.

„Pantychrist“ von Dana Dentata erscheint am 03.09.2021 bei Roadrunner Records / Warner Music. (Beitragsbild: Pressefoto)

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