Crosby, Stills and Nash live im Hamburger Stadtpark

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Ein überragendes Konzert-Erlebnis

von Gérard Otremba

Drei Wochen nachdem Neil Young und Crazy Horse die O2 World rockten, versammelten sich dessen alte Weggefährten Crosby, Stills and Nash am 28.06.2013 zu einem genauso bemerkenswerten Konzert im Hamburger Stadtpark. Man mag die Parallelität der Ereignisse bedauerlich finden, denn Crosby, Stills, Nash & Young auf einer Bühne hätten zweifellos einen magischen Reiz ausgeübt. Doch auch ohne ihren Folk-Rock-Komplizen legen die im Rentenalter angelangten Herren einen fulminanten Auftritt hin.

Crosby, Stills, Nash und ihre formidable Begleitband

Die Musiker und Gäste des Konzertes hatten Glück. Den ganzen Tag zeigte sich Hamburgs Wetter von seiner Schmuddelseite, doch rechtzeitig wenige Stunden vor dem pünktlichsten Konzertbeginn aller Zeiten um 18.59 Uhr riss die Wolkendecke auf und ein Sonne-Wolken-Mix begleitete den musikalischen Abend. „No rain“, war dann auch der erste Kommentar von Graham Nash, der mit dem damals lautstark skandierten Ruf die Verbindung zu Woodstock aufnimmt. Es war im August 1969 ihr zweiter gemeinsamer Auftritt, in den letzten 44 Jahren sind unzählige hinzugekommen und noch immer verblüfft das Trio mit seinem fast lupenreinen Harmoniegesang. Mit dem treibenden „Carry On“ beginnen David Crosby, Stephen Stills und Graham Nash das Konzert und die spektakulären Harmoniegesänge blasen einem schlicht das Hirn weg. Immerhin sind Crosby und Nash bereits jeweils 71 Jahre alt, Stills bringt es auf 68 Jahre und eigentlich muss man in diesem Zusammenhang von jung sprechen. Das Zusammenspielen macht den ergrauten Panthern (gilt jedenfalls für Crosby und Nash) sichtlich Spaß. Liegt vielleicht auch an der großartigen Band, von der Graham Nash später am Abend im Namen der drei von der wahrscheinlich besten Band, mit der sie um Lauf der Jahre aufgetreten seien, spricht. Kein Wunder, spielt in der Begleitband ein Shane Fontayne, der bereits in den 90ern mit Bruce Springsteen auf Tour war, die Gitarre, Kevin McCormick Bass, Steve DiStanislao Schlagzeug, Todd Caldwell Orgel sowie James Raymond Keybord. Letzterer ist ein Sprößling von David Crosby und laut Graham Nashs neckender Aussage auch ein besserer Musiker als sein Vater.

Neue Songs und alte Klassiker

Dafür kann das ehemalige The Byrds-Mitglied Crosby trotz jahrelanger Drogenexzesse immer noch formidabel singen. Und ist sowieso eine verdammt coole Socke, wie er da immer wieder, scheinbar unbeteiligt, die Hände in den Jackentaschen versteckt, auf der Bühne steht und gen Himmel schaut. Für einen Sommerabend Ende Juni ist es aber auch lausig kalt in Hamburg, man kann gut verstehen, dass sich Crosby zwischenzeitlich die Hände warmhält und Stephen Stills, der mit Neil Young schon bei Buffalo Springfield musizierte, seinen Schal fast durchgehend um den Hals gewickelt hat. Graham Nash, einst bei den Hollies aktiv, führt sozusagen durch das Programm, das mit „Time I Have“, „Exit Zero“ und „Burning For The Buddha“ drei neue Songs bereit hält, die in ihrer Ausrichtung perfekt zu älteren Stücken wie „Military Madness“ und „Chicago“ passen. Politisch waren Crosby, Stills und Nash schon immer, Idealisten, die für das Gute singen. Und diesen Hauch von Hippieseligkeit bringen die drei mit ihren Klassikern „Our House“ und „Teach Your Children“ in den Hamburger Stadtpark. Nach wie vor harmoniebeseelte Songs und zum Mitsingen geeignet. Selbstverständlich stehen auch „Déjà Vu“ und sogar der Buffalo Springfield-Klassiker „Bluebird“ auf der Setlist, dem Stephen Stills mit einem wahnsinnigen, psychedelischen Gitarrensolo Tribut zollt. Nach „Love The One You’re With“ gibt es erst mal eine kleine Pause, bevor mit „Helplessly Hoping“ der zweite Teil des Abends beginnt, in dem sich unter anderem das bluesige Stills-Stück „Treetop Flyer“ befindet, nach dem sich schon eine Band benannt hat.“Cathedral“ erklingt gerdezu majestätisch und bombastisch und das Zusammenspiel zwischen Caldwells Orgel und Stills Gitarre bei „Wooden Ships“ gehört zu einem der vielen Höhepunkten dieses Abends. Mit der vertrakten „Suite: Judy Blue Eyes“ beenden Crosby, Stills und Nash nach 150 Minuten ein berauschendes Konzert und man weiß, der Geist von Woodstock lebt, irgendwie.

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