Cowboy Junkies: Such Ferocious Beauty

Cowboy Junkies Credit Heather Pollock

Sie gehören zu den größten Schätzen der kanadischen, ach was, der amerikanischen Folkrock-Szene. Begeistern die Cowboy Junkies uns auch mit ihrem neuen Album?

von Werner Herpell

Es gehört zu den großen Ungerechtigkeiten, dass die Cowboy Junkies zwar durchaus größere Clubs und mittlere Hallen füllen, aber nie über das Level einer „Kultband für Folkrock-Gourmets“ hinausgekommen sind. Das wird ihnen vermutlich auch mit dem neuesten Album nicht gelingen – so hochklassig und berührend diese zehn Lieder erneut sein mögen. „Such Ferocious Beauty“ gehört mit seinem Mix aus Folk, Gitarrenrock, Alternative Country, Blues und sogar

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Flamenco (die Akustische in „Circe And Penelope“ und in „Mike Tyson (Here It Comes)“!) zu den besten Werken der Kanadier um die Geschwister Timmins.

„Sog in Richtung Zerstörung“

Cowboy Junkies Such Ferocius Beauty Cover Cooking Vinyl

Ist es Zufall, dass der Album-Closer „Blue Skies“ genauso betitelt ist wie das aktuelle Buch von T.C. Boyle, der damit kürzlich einen meisterlichen dystopischen Familienroman zur Öko- und Klimakatastrophe vorgelegt hatte? „Heutzutage scheint es diesen Sog in Richtung Zerstörung zu geben“, sagt Gitarrist Michael Timmins.  „Ich interessiere mich mehr für die Mühe, die es braucht, um etwas zu erschaffen, oder für die Erfahrung, wie sich etwas entwickelt. Die Kehrseite davon ist, wie einfach es ist, alles zu zerschlagen und zu zerstören, was zur Hand ist.“

Zwar bezieht sich dieses Zitat auf den mitreißend rockigen Song „Hard To Build. Easy To Break“ (neben dem ähnlich vorantreibenden „Shadows“ definitiv ein Album-Highlight). Aber die insgesamt pessimistische Botschaft der Cowboy Junkies ist wohl klar. Dennoch will Sängerin Margo Timmins, immerhin mit einer der schönsten, beruhigendsten Stimmen im Rock-Business gesegnet, auch „viel Freude und Trost“ in den neuen Liedern erkennen.

Nach fünf Jahren wieder eigenes Material

„Such Ferocious Beauty“ ist seit fünf Jahren die erste Veröffentlichung mit eigenem, neuem Material der vierköpfigen Band aus Toronto (neben den drei Timmins-Geschwistern Margo, Michael und Peter am Schlagzeug noch Bassist Alan Anton). Das Album folgt direkt auf die vorjährige Cover-Sammlung „Songs Of The Recollection“ (wir erinnern uns: Die Interpretation von Fremdmaterial ist schon seit Lou Reeds „Sweet Jane“ von 1987/88 eine der großen Stärken der Cowboy Junkies).

Michael Timmins erzählt, dass Margo und er als Songschreiber diesmal mehr Zeit damit verbrachten, die Stücke „durchzuarbeiten“, damit sie sich wirklich festsetzen konnten, bevor es ins Studio ging. Das Ziel: dynamischere Tracks als üblich aufzunehmen – und das bei aller für dieses Quartett so typischen Getragenheit und Melancholie.

Cowboy Junkies mit makelloser Bilanz

Tatsächlich gelingen dem herausragenden Gitarristen Michael Timmins einige seiner besten Klanggemälde – von beseelt-folky bis bratzig-verzerrt im Stil des kanadisch-amerikanischen Vorbildes Neil Young, etwa im Opener „What I Lost“ oder im traurigen „Flood“. „Die Songs sind Ausdruck von Mikes Seele“, mit diesen Worten verneigt sich Margo vor ihrem zwei Jahre älteren Bruder. Das Gesamtergebnis „Such Ferocious Beauty“ ist wieder einmal faszinierend: Diese Band, auch wenn ihr ein Weltstar-Status wohl versagt bleibt, hat sich in über 35 Jahren, nach inzwischen 16 Studio- und fünf Live-Alben, noch nie einen Fehltritt geleistet. Die Bilanz der Cowboy Junkies bleibt makellos.

„Such Ferocious Beauty“ von den Cowboy Junkies erscheint am 02.06.2023 bei Cooking Vinyl. (Beitragsbild von Heather Pollock)

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