Connie Constance: Miss Power

Connie Constance Credit Joel Palmer

Connie Constance – eine der „UK-Soul-Queens“

Als 2019 Connie Constance – eigentlich Constance Rose Power – ihr Debütalbum „English Rose“ präsentierte, staunte die Fachwelt – und wer es hören konnte, freute sich. Der nach einem Stück von The Jam benannte Dreher enthielt dieses Stück als Coverversion. The Jam, The Smiths – musikalische Einflüsse, die Power durch ihren Stiefvater erhielt. Dass das Magazin Clash Connie Constance 2019 als eine „UK – Soul – Queen“ listete, ist dabei kein Widerspruch. Von „Indie-Soul“ wird da treffend gesprochen,  – und auch das ist nur ein kleiner Teil der Melange, die uns die Künstlerin noch mehr mit ihrem zweiten Album „Miss Power“ präsentiert.

Mit einer einzigartigen Stimme versehen, die kratzig wie emotional daherkommt und ebenso geeignet für Soul wie für Punk-Rock erscheint, hört man Anklänge an R&B, Postpunk, New Wave oder Britpop heraus, ohne den Eindruck zu haben, dass hier etwas zusammengeschnitten wurde, um viele Geschmäcker zu bedienen. Soundtechnisch divers und doch homogen führt sie uns durch das zwölf Stücke umfassende Werk, die alle einen persönlichen Bezug aufweisen, dabei gleichermaßen von Stärke wie Verletzlichkeit zeugend.

Die Frau der Stunde – Connie Constance

Connie Constance Miss Power Albumcover Play It Again Sam

Angefangen vom art-poppigen Intro „In The Beginning“ zwingt uns das anschließende „Till The World Awake“ auf die Tanzfläche – ein Song, der sich auf Róisín Murphys letztem Album ebenso gut gemacht hätte. Knaller. Ebenso tanzbar, jedoch eher wavig/postpunkig/basslastig geht es weiter mit dem Titelstück „Miss Power“. „I’m the woman of the hour“ singt sie da selbstbewusst – das Stück trägt schließlich ihren echten, nicht ihren Künstlernamen, den sie angeblich vor ihrem Debüt annahm, weil Constance Rose Power zu hohe Erwartungen schüren könnte. Für Bescheidenheit ist kein Platz mehr, wozu auch. Und doch ist da mehr – ihr Selbstbewusstsein resultiert nicht nur aus ihren Erfolgen, sondern entstand ebenso durch Frustration, Enttäuschung, Trotz oder Verlusten. „The damage is already done, Ain’t nothing gonna stop my fun, Could be nice to be lonely“.

Das anfangs melancholische, zur Akustikgitarre gehauchte „Never Get To Love You“ holt die Hörenden wieder etwas runter, bis treibende Drums sowie Bassläufe fast schon in Post-Rock-Dimensionen vorstoßen, ohne die Extreme einer A.A.Williams zu erreichen. „Mood Hoover“ ist ein leichter, sommerlicher Lovesong zwischendurch – nett, aber weniger beeindruckend als der Rest der Platte. In „Heavyweight Champion“ anschließend spricht Power ihren Vater an – es ist kein leichtes Gespräch, weil die Beziehung wohl eine problematische ist.

Uneindeutig wie clever

In „Hurt You“ geht Power abgeklärt zum Angriff über, eine giftige Beziehung scheint beendet, mit tänzelnder Leichtigkeit wird hier die Quittung dafür präsentiert. Unverblümter Hass wird erst hörbar in „Kamikaze“: in direkter Nachbarschaft der Petrol Girls wird hier geschrien, ein herzhaftes „Oi“ am Ende zeigt ihr Standing in der Tradition der britischen Streetpunks. Dass „Home“ in seiner Sanftheit danach nicht zum Skippen einläd, sondern wie auch alles vorhergehende auf diesem Album stimmig erscheint, ist eines der am meisten beeindruckenden Dinge auf dieser Scheibe.

Das fast sechsminütige „Yuck“ schließlich ist das spannende Herzstück von „Miss Power“: Fast im Spoken Word-Modus assoziiert sie drauflos, doch spricht sie dabei sich selber an oder andere, zitiert sie gar? Alles denkbar. Uneindeutigkeiten, die zum abermaligen Hören einladen, ebenso wie diese clever arrangierte Musik, die keine Sekunde langweilig oder aufgesetzt wirkt. Großes Kino, diese Platte. Hört sie Euch an.

„Miss Power“ Connie Constance erscheint am 04.11.2022 bei Play It Again Sam / PIAS. (Beitragsbild von Joel Palmer)

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