Colson Whitehead: Underground Railroad – Roman

 

Wichtige und mahnende Literatur

Er ist der gefeierte Held der amerikanischen Literaturszene. Colson Whitehead erhielt für seinen neuen Roman Underground Railroad den National Book Award und den Pulitzer-Preis. Es ist eins der Lieblingsbücher von Barack Obama und Oprah Winfrey und stand 32 Wochen auf der Bestsellerliste der New York Times. In der Zeit eines deutlichen Rechtsruckes in den USA ist Underground Railroad ein brisantes Statement Colson Whiteheads, beschreibt der 1969 geborene Schriftsteller die Hochphase der amerikanischen Sklaverei und des Rassismus im 19. Jahrhundert, der offensichtlich noch immer auf die Gesellschaft der USA nachwirkt.

Sounds & Books_Colson Whitehead_Underground Railroad_Cover_Hanser VerlagEs steckt wohl noch immer der „amerikanische Imperativ“ in der DNA zu vieler weißer US-amerikanischer Bürger, der, wie von einem Romanprotagonisten deklamiert, „die unbedeutenderen Rassen zu unterwerfen oder auszurotten“ hat. Die „Underground Railroad“ existierte tatsächlich, es war ein mythisches, von Weißen geschaffenes Netzwerk, das Sklaven die Flucht in die Nordstaaten ermöglichte. In Whiteheads Roman driftet dieser Mythos ins Phantastische, bei ihm fahren dampfbetrieben Züge tatsächlich im Untergrund. Eine, die davon profitiert ist die junge Cora, die mit ihrem Leidensgenossen Caesar die Flucht von der Baumwollplantage der Randall-Brüder in Georgia wagt. Einst wurde ihre Großmutter Ajarry an der Goldküste Afrikas gefangen, auf der Überfahrt vergewaltigt und mehrfach verkauft, bevor sie letztlich für 292 Dollar bei den Randalls landete. Coras Mutter Mabel ließ ihre Tochter im Alter von acht Jahren allein zurück, als sie ihr Heil in der Flucht suchte und schon bald erfuhr Cora die Schrecken der Sklaverei am eigenen Körper.

Bereits auf den ersten Seiten schockiert Colson Whitehead mit einer schonungslos realistischen und drastischen Darstellung der Gewalt. Nichts wird beschönigt, für die Realität, auch die historische, benötigt man immer noch die stärksten Nerven. Das gilt auch für die Fluchterfahrungen Coras, die auf ihrem Weg durch die Südstaaten bis nach Indiana, verfolgt von unbarmherzigen Sklavenjägern, mit verschiedenen Arten und Stufen des Rassismus konfrontiert wird. Underground Railroad ist das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt. Ein Buch eines Afroamerikaners, der die unbarmherzige und menschenverachtende Sklaverei aus der Sicht der Schwarzen schildert und das wie eine in Stein gemeißelte Anklage gegen präsente und unverhohlene, rassistische Tendenzen steht. Wichtige und mahnende Literatur, unbedingt lesenswert.

Colson Whitehead: „Underground Railroad“, Hanser, aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl, Hardcover, 352 Seiten, 978-3-446-25655-2, 24 €.

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