Clemens Berger: Der Präsident – Roman

Clemens Berger von Katharina Susewind

Ein hervorragender Schelmenroman sowie eine berührende Liebesgeschichte des österreichischen Autors Clemens Berger

Der Präsident in Clemens Bergers gleichnamigen Roman heißt zwar nicht Donald Trump, doch billigt ihm der Autor einen kleinen Auftritt zu. Im Jahr 1988 tritt der damals als Unternehmer bekannt gewordene jetzige Staatschef der USA vor seinen Trump Tower, um Michael Gorbatschow kurz die Hand zu schütteln. Allerdings begrüßt er lediglich einem Gorbatschow-Doppelgänger, ein Fake, den er angeblich durchschaut, seine Mimik indes spricht eine andere Sprache. In Bergers Beschreibung hinterließ Trump schon damals einen, nun ja, eher unglücklichen Eindruck. Die ihn reinlegende Gorbatschow-Doppelgänger-Figur spielt erst im zweiten Teil des Romans eine fast ebenso wichtige Rolle wie der Hauptprotagonist Jay Immer.

Das Ronald-Reagan-Double

Clemens Berger Der Präsident Cover Residenz Verlag

Aufgrund seiner frappierenden Ähnlichkeit mit dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan wird Immer von einer Agentur als dessen Doppelgänger auserwählt, nachdem ihn seine Frau Lucy ohne seines Wissens zu einem Ausschreiben angemeldet hat. Das Leben als Polizist hat ein Ende für dem aus dem österreichisch-ungarischen Grenzgebiet im Burgenland stammenden Immer, fortan wird er 55-Jährige für Burger-Wettessen, Shopping-Mall-Eröffnungen und ähnliche medienwirksame Auftritte  lokaler Art gebucht. Je öfter er in die Reagan-Rolle schlüpft, desto näher beschäftigt sich Immer mit der tatsächlichen Arbeit des amtierenden Präsidenten. Die er nicht immer gutheißt. Ungewollt steht er plötzlich im Fokus, als ein Video die Runde dreht, in dem er sich für einen der zahlreichen von Reagan entlassenen Fluglotsen einsetzt. Das Reagan-Double nutzt die Gunst der Stunde und mischt sich in die Politik ein. Er begnadigt Inhaftierte, unterstützt, auch mit Hilfe des Gorbatschow-Double-Kollegen, Klimaschutzaktivisten und wird schnell „der andere Reagan“ und unfreiwilliger Held.

Clemens Berger orientiert sich an der Biographie eines wirklichen Reagan-Doppelgängers

Der österreichische Schriftsteller Clemens Berger, der sich für „Der Präsident“ an der Biographie des über 20 Jahre lang als Ronald-Reagan-Doppelgänger aufgetretenen Julius Koch  orientiert, begleitet seine Hauptfigur zeitlich weit über deren Wirken als Präsidenten-Double bis schließlich Donald Trump zum Staatsoberhaupt der USA gewählt wird. Was zuvor als hervorragender Schelmenroman mit blendenden Ideen und viel Humor funktioniert hat, entwickelt sich am Ende zu einer berührenden Liebesgeschichte zwischen Jay und seiner an Demenz erkrankten Frau Lucy.

Die Parallelen zur heutigen Zeit

Obwohl der Roman hauptanteilig in den 80ern spielt, legt Clemens Berger Parallelen zwischen der Reagan-Ära und der Trump-Zeit offen zu Tage. Und wäre eine Trump-Doublette, die Gegenteiliges bewirkt, nicht die wesentlich bessere Alternative? Obwohl, noch besser wäre natürlich ein neuer US-Präsident. Wie auch immer die Wahl ausgeht, man kann sich auf jeden Fall dem Urteil von Schriftstellerin Vea Kaiser anschließen, die über den Roman schreibt: „Wer dieses wunderbare Buch nicht liest, verpasst was“. Das sehe ich ebenso.

Clemens Berger: „Der Präsident“, Residenz Verlag, Hardcover, 336 Seiten, 978-3-7017-1733-0, 24 Euro  

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