Christoph Menke: Theorie der Befreiung

Christoph Menke Theorie der Befreiung Cover Suhrkamp Verlag

In seinem Buch „Theorie der Befreiung“ verfolgt der Philosophie-Professor Christoph Menke eine mutige Theorie

„Alle Befreiungen, die die Moderne seit ihrem Beginn hervorgebracht hat, haben sich – früher oder später – ins Gegenteil verkehrt“ – mit dieser Grundthese startet Christoph Menke, Professor für Philosophie an der Johann- Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt, sein neuestes Buch, „Theorie der Befreiung“. Egal, ob die Befreiung von äußerer Herrschaft, die Befreiung der Bedürfnisse und Interessen aus den Sittlichkeitsgrenzen, die Befreiung der Frauen, die der Schwarzen, die der Sexualität, die der Worte: Die Liste der Befreiungsversuche ist lang. Am Ende aber sei jede Befreiung gescheitert, hätte auf jede standen stets neue Gestalten und Strategien der Herrschaft.

Christoph Menke und die bisherigen Befreiungsversuche

Christoph Menke Theorie der Befreiung Cover Suhrkamp Verlag

„Die Befreiung“, schreibt Christoph Menke, „kämpft immer einen doppelten Kampf: Sie kämpft gegen die Herrschaft und zugleich kämpft sie mit und gegen sich selbst“. Menke interessiert sich für den Kampf, „den die Befreiung gegen sich selbst führen muss, wenn sie die Herrschaft bekämpfen will“. Er lenkt den Blick in seiner Analyse daher auf die Frage, wie die bisherigen Befreiungsversuche verlaufen sind. Dabei sei vor allem ihr Anfang entscheidend. Menke schlussfolgert nun kontrainduktiv: Durch die Bejahung einer Gewohnheit, die uns knechtet, trete man in die Praxis der Befreiung ein. Aus dieser Grundthese heraus entwickelt er eine Theorie der Befreiung, die „eine Revision der üblichen – in Natur oder Gesellschaft verankertem – Freiheitsvorstellungen beinhaltet“. Freiheit und Herrschaft seinen in der Folge unauflöslich miteinander verwoben. Menke stützt seine Theorie im Wesentlichen auf zwei Säulen: 1. die Exodus-Erzählung aus dem 2. Buch Mose und 2. die Geschichte von Walter White in der Fernsehserie „Breaking Bad“.

Die Rolle der Politik

Schon seit 2016 hat Menke sich mit einem Aufsatz mit dem Titel „Breaking Bad: Versuch über die Befreiung“, der in der „WestEnd – Neue Zeitung für Sozialforschung“ erschienen ist, mit dem Thema beschäftigt. Nun legt er ein über 700 Seiten starkes Werk vor, das den Blick auf Knechtschaft, Befreiung und Freiheit neu auszurichten vermag. Im Ausblick dieser Theorie nimmt Menke Bezug auf die Rolle der Politik im Zuge von Befreiungsbestrebungen. Die Befreiung, so schreibt er, sei weder politisch noch un- oder gar antipolitisch. Die radikale Befreiung hätte aber in ihrer Verwirklichung ein politisches Moment. Oder wie es der Autor schreibt: „Die radikale Befreiungen können nicht verwirklicht werden, ohne politisch zu werden.“ Dies geschehe in Gestalt von zwei Aufgaben: 1. durch neue Gesetze die sozialen Gewohnheiten umgestalten und 2. das Subjekt und seine Freiheit verändern. Die Politik der Befreiung sei eine Politik der Erziehung mit dem Ziel, einen neuen Menschen zu schaffen.

Menkes Theorie ist mutig. Gestützt auf breites Wissen und gespickt mit zahlreichen veranschaulichenden Beispielen und Referenzen gelingt ihm der anvisierte spannende Perspektivwechsel. In jeder Knechtschaft steckt bereits ihre Befreiung.

Christoph Menke: „Theorie der Befreiung“, Suhrkamp, Hardcover, 713 Seiten , 978-3-518-58792-8, 36 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)

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