Christiane Rösinger: Lieder ohne Leiden – Album Review

Christiane Rösinger bereichert einmal mehr die deutsche Songwriter-Landschaft

Über sechs Jahre sind nun auch schon wieder vergangen seit Christiane Rösingers erster Solo-Album-Veröffentlichung Songs Of L. And Hate im Oktober 2010. Das Gründungsmitglied der in den 90er-Jahren mit vier Platten zur Kultstatus aufgestiegenen Berliner Band Lassie Singers (nach der Auflösung 1998 gründete Rösinger mit Schlagzeugerin Britta Neander die Gruppe Britta) schrieb in der Zwischenzeit zwei neue Bücher (Liebe wird oft überbewertet und Berlin – Baku) und bearbeitete das Konzept für ihre Berliner Veranstaltungsreihe „Flittchenbar“. Wie schon bei Songs Of L. And Hate (Titel verweist auf Leonard Cohen, das Cover eine Bob Dylan-Hommage) war Ja, Panik-Sänger Andreas Spechtl für die Instrumentierung und Produktion von Lieder ohne Leiden zuständig.

Christiane Rösinger nimmt den Faden von Songs Of L. And Hate direkt auf. Endete es damals mit „Kleines Lied zum Abschied“, steigt Rösinger mit „Ein kleines Lied zum Anfang“ ins neue Werk ein. „Gesanglos war ich und beklommen so lange Zeit, nun dicht‘ ich wieder / Die Tränen, die uns plötzlich kommen, so kommen plötzlich auch die Lieder / Melodisch kann ich wieder klagen von großen Lieben, größerem Leiden / Von Herzen, die sich schlecht vertragen und dennoch brechen, wenn sie scheiden / Und weil ich melancholisch bin, nimm‘ ich das alles schwer / Und weil ich musikalisch bin, gibt das ein paar Lieder her“, reimt Rösinger und da sind sie nun, die neun neuen Lieder über Liebe, Leiden und den heutigen Zeitgeist. Der wiederum kommt nicht wirklich gut weg. So muss Rösinger schon das „Lob des stumpfen Arbeit“ anstimmen, um der „kreativen Plage“, diesem „Fluch dieser Tage“ zu entgehen. In beseelt-lakonischer Stimmung wettert sie gegen Networking, Selbstausbeutung und Social Media.

Die Texte der 56-jährigen Songwriterin sind witzig, ironisch und manchmal voll bitterer Wahrheiten, wie in „Joy Of Ageing“. Spechtls Arrangements sind zurückhaltend, sehr luftig und grazil, mal von Bläsern zusammengehalten, mal von einem dezenten Gitarrensolo aufgeschreckt. Im überschwänglichen Mitsing-Indie-Pop von „Eigentumswohnung“ ist der Sound der legendären Lassie Singers wieder greifbar, auch „Was jetzt kommt“ schaukelt sich noch zu einer flotten Uptempo-Nummer hoch. Rösinger will zwar „Lieder ohne Leiden“ und „Lieder, die nichts bedeuten“, aber sie schreibt keine solchen und weiß, dass das Leiden zum Leben und zu ihren Liedern dazugehört. Und eine Spur Dramatik, wie sie sich in „Das verflixte 7. Jahr“ und „Das gewölbte Tor“ ausbreitet. Christiane Rösinger bereichert mit ihren Alben seit 27 Jahren die deutsche Songwriter-Pop-Landschaft und das gelingt ihr mit Lieder ohne Leiden ebenfalls. Kluge, gewitzte, zeitkritische Texte in feinen Kompositionen aufgefangen. Schön, dass Christiane Rösinger wieder dichtet und singt.

„Lieder ohne Leiden“ erscheint am 24.02.2017 bei Staatsakt / Caroline International.

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