Charlotte Brandi live in Hamburg 2021

Charlotte Brandi live Hamburg 2021 Schanzenzelt by André Itjes

Ein kleines Publikum genießt das Konzert von Charlotte Brandi am 29.09.2021 im Hamburger Schanzenzelt

Das Schanzenzelt öffnet dieses Jahr mit etwas Verspätung seine Pforten im pandemiegerechten Rahmen in 3G und mit Bestuhlung. Charlotte Brandi eröffnet mit ihrer Band die Saison – und spielt erstmalig live in Hamburg die Songs ihrer EP „An das Angstland“ mit deutschsprachigen Stücken, die vor Eigenwilligkeit und Stärke nur so strotzen. Das wollen erstaunlicherweise nur 14 Zuschauer:innen erleben. Brandi stört das nicht, sie sagt: „Das ist so privat hier – auch schön.“

Songs aus dem Solo-Debütalbum „The Magician“

Die ersten Stücke – vornehmlich aus dem Debüt-Album „The Magician“ – werden in vierköpfiger Bandbesetzung dargeboten: Charlotte Brandi ist dabei abwechselnd an der elektrischen Gitarre und am Stage-Piano zu erleben – dazu die erstklassigen Begleitmusiker:innen Isabel Ment an der elektrischen Gitarre, Shanice Bennett am Bass und Marcel Römer am Schlagzeug. Dann spielt Brandi einige Songs solo am Piano – auch schön. Und sie sagt so Sachen wie: „Thank you, sweeties!“. Einfach charmant, diese Frau.

Melange aus Canterbury Sound, Pop und Jazz

Der Presseinfo ist zu entnehmen: „Im Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 findet Brandi in einem lahmgelegten Berlin erstmals die lang ersehnte Ruhe, sich intensiv dem Schreiben von deutschen Texten zu widmen. Dabei kann sie auf jahrelanges Dichten von Lyrik und eine gewisse Affinität zu deutschem Rap zurückgreifen. Wie ein unbemerkt gereifter Apfel fällt Brandi nun die Entscheidung, einige ihrer Gedichte zu vertonen, in den Schoß.“ „Das macht unheimlichen Spaß, weil es eine erstaunliche Kraft hat, in der Muttersprache zu texten“, beschreibt sie das Öffnen der Tür zu diesem Neuland. Charlotte Brandi kombiniert messerscharfe Texte mit experimentierfreudiger Musik, ihre klare Stimme schwebt über einer Melange aus Canterbury Sound, Pop und Jazz. Auf der EP widmet sie sich in vier Kapiteln der weiblichen Menschwerdung.

Charlotte Brandi erhält tosenden Applaus

Nachdem Brandi und Band sich eingespielt haben, steht die erste deutsche Single „Wind“ auf der Setlist, wo auf den Aufnahmen Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow zu hören ist. In Gedanken ist er natürlich dabei. Brandi überzeugt mit verträumten Western-Twang-Gitarrenklängen, auch wenn sie zwischendurch damit kokettiert, dass die elektrische Gitarre erfahrungsgemäß nicht ihre Stärke sei.Mit den Worten „Ich weiß nicht, warum diese Gitarre noch heile ist, wenn sie mich zur Mutter hat!“ wird der Song „Frist“ eingeleitet, in dem es nach hinten raus noch so richtig selbstbewusst rockt. „A Sting“ vom Debüt-Album „The Magician“ schließt da nahtlos an, überzeugt mit Classic Rock-Klängen und erinnert an beste Fleetwood Mac-Zeiten. Danach: Tosender Applaus, die Band verlässt die Bühne.

Ein „gemeinsamer, kleiner Abend“

Charlotte Brandi kommt alleine zurück auf die Bühne und nennt das Konzert „Gemeinsamer, kleiner Abend“. Und recht hat sie, das war ein sehr schöner exklusiver Abend mit fast schon Wohnzimmeratmosphäre im Schanzenzelt. „Ich war gar nicht darauf vorbereitet“ sagt sie – und: „Jetzt muss ich nur noch den richtigen Sound finden“ – dann die erste Zugabe: „Heavy Weight“, eigentlich eine Nummer ihrer vorigen Band Me And My Drummer. Hier aber im anderen Gewand: Solo am Piano, zunächst ziemlich elegisch und ätherisch, schließlich aber schön soulig. Ein Highlight dieses gelungenen Konzertabends. Brandi verlässt erneut die Bühne.

Das Zirkuszelt passt zur Musik von Charlotte Brandi

Das Publikum verlangt nach mehr – und Brandi hat noch einen richtigen „Rauschmeißer“ am Piano, doch durch einen Fauxpas wird mittendrin die Stromzufuhr des Instruments unterbrochen und sie greift flugs nochmal zur elektrischen Gitarre, um einen leisen, vermutlich unveröffentlichten, deutschen Song zu spielen – im Hintergrund schnarrt die Snare ungewollt dazu. Nach etwas mehr als einer Stunde ist aber nun wirklich Schluß im Zirkuszelt, das irgendwie auch zur Musik von Charlotte Brandi passt.

Kommentar schreiben