Das zweite Album des Berlinerinnen-Duos CAVA ist eine erneute Garage-Punk-Perle sowie eine leidenschaftliche Kampfansage an das Patriarchat
von Ben Kaufmann
Stimmengewirr. Dichte Rauchschwaden. In einem überfüllten Zimmer des Chelsea Hotels sitzt Janis Joplin summend in einer Ecke. Die Klänge fliegen hinaus in die New Yorker Nacht. In den Katakomben des CBGB schaut Patti Smith konzentriert in einen Spiegel. Gedankenverloren gerät dieser zu einem Cocteau’schen Portal und lädt zu einer Traumreise ein. Hallige Betonwände in Schwarzweiß. Schwere staubbedeckte Vorhänge liegen auf dem Boden. Sägen- und Glockengeräusche im Hintergrund. Gudrun Gut und Bettina Köster stehen sich in starren Posen gegenüber. Stroboskop-Blitze. Eine schummrige Galerie in der Lower East Side. Dröhnende Gitarrenverstärker und Kim Gordons überirdische Stimme lassen eine Wasserlache auf dem Boden vibrieren. ABC No Rio. Bier schwappt aus vollen Bechern auf die Bühne. Testosterongeschwängerter Schweißgeruch liegt
in der Luft. Das Foto eines männlichen Models mit engem Slip ziert das Kleid von Kathleen Hanna. Sie ruft selbstsicher ins Mikrofon: „All girls to the front!“
„Als ich angefangen habe Musik zu machen, habe ich mit meiner Stimme gehadert, weil ich lieber eine männlichere gehabt hätte.“
Dass Peppi Ahrens schließlich durch die Stimme von PJ Harvey doch noch Selbstvertrauen in ihre eigene fassen konnte und Bandkollegin Mela Schulz erst verspätet auf wichtige Einflüsse wie Debbie Harry stieß, zeigt: gerade weil die Rockmusik von FLINTA*-Bands/Artists leider bis heute nicht annähernd die Präsenz erhält, die sie verdient, machen sich die beiden CAVA-Grrrls hierfür ebenso stark wie The Slits, The Raincoats, Bikini Kill und andere…