Carmen Buttjer: Levi – Roman

Carmen Buttjer by Maria Dominika Vogt

Mit „Levi“ gelingt Carmen Buttjer ein anrührender, tempo- und ideenreicher Debütroman

Nun also Berlin. Seit knapp einem Jahr wohnt der elfjährige Levi in der deutschen Hauptstadtmetropole, nicht sein erster Standortwechsel, lebte er bereits in Brüssel und London, nachdem er in Paris geboren wurde. Sein Vater David, ein vielbeschäftigter Anwalt, ist meistens unterwegs, und wenn er mal da ist, streitet er sich häufig mit Levis Mutter. Diese Zwistigkeiten nehmen ein abruptes Ende mit dem Tod von Levis Mutter, die an ihrem Arbeitsplatz in der Pathologie umgebracht worden ist. Ein Schock, der bei Levi eine unkonventionelle Art der Trauerbewältigung auslöst.

Seelisch gebeutelte Protagonisten

Carmen Buttjer Levi Cover Galiani Berlin

Noch bevor die Trauerfeier wirklich beginnt, stibitzt er die Urne mit der Asche seiner Mutter und haust fortan in einem Zelt unterm Dach, weil es in der Wohnung nicht mehr aushält. Im circa dreißigjährigen Nachbar Vincent und dem gut sechzigjährigen Kioskbesitzer Kolja findet er zwei Quasi-Ersatzväter, die, wie Levi selbst, ebenfalls mit seelischen Wunden zu kämpfen haben. Während Kolja in seiner Zeit als Kriegsberichterstatter verwundet worden ist und den Tod zweier nahestehender Freunde miterlebte, musste Vincent den Selbstmord seines Vaters verarbeiten, der mit dem Auto von einer Brücke stürzte, nachdem dessen Veruntreuung von Geldern in Millionenhöhe publik wurde. So wirklich helfen können beide Levi nicht, sind Vincent und Kolja doch Gefangene ihrer eigenen Traumata. Seinem Vater geht Levi bewusst so gut wie möglich aus dem Weg, bei unvermeidbaren Treffen kracht es dann verbal gewaltig zwischen den beiden.

Carmen Buttjer punktet mit ihrem lakonische Sprachstil

Frauen tauchen in dem Roman nur in Rückblenden auf, auf ein weibliches Korrektiv verzichtet Carmen Buttjer sonst völlig und schickt ihre junge Hauptfigur in eine realitätsnahe Welt mit bedrohlich-phantastischen Motiven, wenn sich Levi beispielsweise von einem imaginären Tiger bedroht fühlt, von dem er denkt, er habe seine Mutter getötet und wolle nun auch noch die Urne an sich reißen. Die Entfremdung von seinem Vater reicht so weit, dass er zeitweise auch ihn dieses Mordes verdächtigt. Der Schwere des Themas begegnet die 1988 geborene Autorin mit einer Vielzahl an Ideen, mit Levis überbordender Gedankenwelt, mit teils skurrilem Humor, mit rasch wechselnden  Dialogszenen sowie einem lakonischem Sprachstil. Und hinter all der lodernden Trauer, manchmal auch Ratlosigkeit und Wut der Protagonisten, verbirgt sich unendlich viel Trost. Nur einer von vielen positiven Aspekten des Romans, der sich beim Lesen schnell in ein liebgewordenes Kleinod deutscher Literatur verwandelt.

Carmen Buttjer: „Levi“, Galiani Berlin, Hardcover, 272 Seiten, 978-3-86971-179-9, 20 €. (Beitragsbild:von Maria Dominika Vogt)

Kommentare

  • <cite class="fn">Dirk Gollnick</cite>

    Klingt interessant und macht neugierig auf mehr. Ich werde mir das eine oder auch andere Buch kaufen müssen. Danke für die Information.

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