„So romantisch, dass es fast weh tut“ möchte der Schotte C Duncan seine Lieder haben. Mission erfüllt. Das neue Album ist ein Pop-Musical par excellence.
von Werner Herpell
Zu den großen Romantikern der Popmusik, also beispielsweise Brian Wilson, Paul McCartney, Paddy McAloon (Prefab Sprout) und Roddy Frame (Aztec Camera), gesellt sich seit einigen Jahren ein Schotte: Christopher oder Chris oder offiziell auch nur C Duncan, ein hoch veranlagter Multiinstrumentalist, Sänger und Songschreiber aus Glasgow. Was der 35-Jährige auf seinem fünften Album „It’s Only A Love Song“ an schwelgerischem Schönklang und glaubhafter Gefühlstiefe abliefert, dürfte dieses Jahr in punkto Barock-Pop kaum noch zu toppen sein.
„Ein Liebeslied über Liebeslieder“
„Ich liebe die Vorstellung, dass etwas so romantisch ist, dass es fast weh tut“, sagt C Duncan über seine Lieblingsmusik und damit auch über den hohen Anspruch an sich selbst. So sei der von Sounds & Books zum Song des Tages gekürte Titelsong der neuen Platte „ein Liebeslied über Liebeslieder“. Ausgehend von einem wunderhübschen Klavier-Intro, das an 50er-Jahre-Musicals erinnert, schwärmt der Sänger, dessen weiche Stimme in ein opulentes Streicher-Arrangement (gespielt von seinen Eltern!) gebettet ist, vom heiligen, auch schmerzhaften Begehren in der Liebe: „Oh, desire is a holy thing/it is the only thing/that keeps the world on your side/desire is a fateful thing/a damn ungrateful thing/that makes me want for more“.
Habe ich da gerade „Kitsch!“ gehört? Für Metal-Fans und nüchterne Naturen mag das so klingen. Wer aber ein Herz hat für die oben genannten Musik-Ikonen, vielleicht auch noch fürs Hollywood-Kino der 50er- und französische Filme der 60er-Jahre (siehe „Triste Claire De Lune“), für den jungen Scott Walker, The Carpenters und ganz allgemein für den orchestralen Pop seither – der wird sich von Duncans zu Herzen gehenden Liedern ganz gewiss bezaubern lassen.
Faible für sinfonischen Pop
Dass der mit seinem zuhause produzierten Lounge-Pop-Debüt „Architect“ (2015) sogleich für den Mercury Prize nominierte Künstler sein Handwerk versteht, weiß man schon länger. Auf „It’s Only A Love Song“ lässt der klassisch gebildete Duncan dem Faible für sinfonische Klänge freien Lauf wie nie zuvor. „Ich wollte schon immer ein Album machen, das unverschämt romantisch und leicht altmodisch ist“, sagt der Songwriter. „Viele meiner Stücke haben einen Hauch davon, aber dieses hier ist eher im Stil der 1970er-Jahre, mit den Streichern und einer Art Wärme, die darüber gestreut wird.“
Er habe „bei diesem Album mehr über das Tempo nachgedacht und darüber, wie jeder Song in den nächsten übergehen könnte. (…) Es ist eine sehr romantische Platte, die dann in die Auseinandersetzung mit dem Verlust von Freunden und Verwandten übergeht.“ So wollte er die Gefühle für seinen Ehemann mit „Lucky Today“ in eine Art „James-Bond-Welt bringen – so etwas wie Louis Armstrongs ‘We Have All the Time in the World'“, erklärt C Duncan. „Think About It“ ist ein perfekt swingender Popsong im Burt-Bacharach-Stil, „Delirium“ hätte auch von Gilbert O’Sullivan in den frühen Siebzigern stammen können, einem der liebenswertesten Piano-Pop-Romantiker jener Zeit.
C Duncan auf dem Karrieregipfel
Mit der Klavierballade „Time And Again“ als Closer endet ein überwältigender musikalischer Cinemascope-Rausch, zum guten Schluss wird sogar gepfiffen. Auch hier macht C Duncan gerade noch vor der Kitsch-Grenze, vor einer Überzuckerung der üppigen Melodien Halt. Im Laufe seiner mittlerweile zehnjährigen Solokarriere hat er viele Lobeshymnen etwa von BBC, „The Guardian“, „New Musical Express“, „Mojo“ und „Uncut“ erhalten, das Online-Lexikon „Allmusic“ lobt generell seine „sophisticated, billowy indie pop creations“. Mit „It’s Only A Love Song“ erreicht der immer noch junge Schotte nun den Gipfel dieser beeindruckenden Singer-Songwriter-Laufbahn.
Das Album „It’s Only A Love Song“ von C Duncan erscheint am 24.01.2025 bei Bella Union/Rough Trade. (Beitragsbild von Harrison Reid)