Bücher von Ina Bruchlos, Isabelle Autissier und Sally Rooney in der Kurzkritik

Ina Bruchlos von Gerrit Jöns-Anders

Rezensionen zu den Büchern „Suche Stehplatz Nord“ von Ina Bruchlos, „Klara vergessen“ von Isabelle Autissier und „Normale Menschen“ von Sally Rooney

Ina Bruchlos: Suche Stehplatz Nord

Ina Bruchlos Suche Stehplatz Nord Cover Minimal Trash Art

Ein Fußballbuch, gewiss. Aber eben ein besonderes. Besonders schon allein, weil es Ina Bruchlos geschrieben hat. In 25 Geschichten schildert die Schriftstellerin und Künstlerin aus ihrer Sicht das Leben eines FC St. Pauli-Fans. Eine Spätberufene, die erst durch ihren Umzug aus Frankfurt nach Hamburg im Jahr 1997 zum Fußball, zum Kiezverein und einem Stehplatz auf der Nordtribüne des Millerntorstadions fand. Mit ihren Kurzgeschichten führt uns Bruchlos hinein ins Herz der „Pauli-Fans“. Und von dort über die Stadt- und Landesgrenzen bis nach Malta und Portugal, wo  auf „Pauli-Fans“ nicht minder Abenteuerliches wartet als im Stadion. In „Suche Stehplatz Nord“ sind persönliche  und doch allgemeingültge Geschichten versammelt, die von der typischen Fankultur einerseits und Pauli-spezifischen andererseits künden. Ina Bruchlos steht seit Jahren in der Nordkurve, aber trotz des Fanseins hat sie sich als Autorin eine sprachliche Unbeschwertheit und viel Humor gegenüber ihrem Sujet bewahrt. Und der führt wiederum bei den Lesern zu einem stetigen, die Storys begleitenden Schmunzeln. Viel FC St. Pauli, ja, aber auch viel schriftstellerisches Können.

Ina Bruchlos: „Suche Stehplatz Nord“, Minimal Trash Art, kartoniert, 182 Seiten, 978-3-9814175-4-8, 12,50 Euro (Beitragsbild: Ina Bruchlos von Gerrit Jörn-Anders)

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Isabelle Autissier: Klara vergessen

Isabelle Autissier Klara vergessen Cover mare Verlag

Nach 23 Jahren kehrt Juri zurück nach Murmansk. Sein ungeliebter Vater Rubin liegt im Sterben und obwohl sich der 46-jährige, in den USA als Ornithologe lebende Juri geschworen hat, nie wieder einen Fuß in seine Heimatstadt zu setzen, kann er seines Vaters letzten Wunsch nicht abschlagen. Dieser bittet ihn, Nachforschungen über das nie gelüftete Geheimnis vom Verschwinden von Juris Großmutter Klara anzustellen. Die als Wissenschaftlerin zu Stalinzeiten vor den Augen ihres kleinen Sohnes Rubin verhaftet worden ist. Die 1956 in Paris geborene Isabelle Autissier rekapituliert im Wechsel die Leben von Juri, Rubin und Klara in der Sowjetunion. Leben, die für alle drei von Gewalt und tragischen Erlebnissen geprägt waren. Autissier findet für die schicksalsträchtigen Ereignisse ihrer Protagonisten eine anmutig-feinsinnige Sprache, die das über ihre Figuren hereinbrechende Übel in einem umso schärferen Licht erscheinen lässt. Ein bewegender, spannender und präzise formulierter, die Geschichte Russlands von Stalin bis zur Gegenwart umspannender Roman.

Isabelle Autissier: „Klara vergessen, mare, aus dem Französischen von Kirsten Gleinig. Hardcover, 304 Seiten, 24 Euro

Sally Rooney: Normale Menschen  

Sally Rooney Normale Menschen Cover Luchterhand Verlag

Ihr 2017 erschienener und auch von Sounds & Books rezensierter Debütroman „Gespräche mit Freunden“ geriet zu einem weltumfassenden Bestsellererfolg. Die 1991 geborene irische Schriftstellerin Sally Rooney ist die gehypte Nachwuchsstarautorin, deren zweiter Roman „Normale Menschen“ zu einem nicht minder erfolgreichen avancierte. Im Mittelpunkt stehen die in einer Kleinstadt im Westen Irlands aufwachsenden Connell und Marianne. Gegensätzlicher Herkunft – Connells Mutter arbeitet als Putzkraft für Mariannes Mutter – und gegensätzlichen Naturells – Connell, der gefeiert Fußballstar, Marianne die hochtrabende, aber schmucklose Außenseiterin – beginnen die beiden eine intensive On-Off-Beziehung, die bis in ihre gemeinsamen Studienjahre reicht und von Rooney über vier Jahre lang begleitet wird. Eine Normalität indes mag sich in den Wirren, Kapriolen und gegenseitigen Verletzungen ihres Lebens nicht einstellen. Konnte man Rooneys Debüt eine gewisse Originalität nicht absprechen, so bleibt „Normale Menschen“ stilistisch und inhaltlich im Mittelmaß stecken.

Sally Rooney: „Normale Menschen“, Luchterhand, aus dem Englischen von Zoë Beck, Hardcover, 320 Seiten, 978-3-630-87542-2, 20 Euro.

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