Bruce Springsteen bleibt der Hoffnungsträger Amerikas: Der Rockstar wettert weiter gegen Trump und bietet mit seiner E Street Band auch in Berlin eine grandiose Rock’n’Roll-Show
von Gérard Otremba
Nachdem Bruce Springsteen am Ende alle Mitglieder einzeln verabschiedet hat, folgte die innige und symbolträchtige Umarmung mit Saxophonist Jake Clemonce. Es war das letzte von vielen Zeichen, die der Rock-Superstar bei seinem ersten von drei Deutschland-Konzerten am 11.06.2025 im Berliner Olympiastadion setzte, bevor er nach einer tiefen Verbeugung vor den circa 70 000 Besuchern als Letzter die Bühne verließ. Sein Berlin-Auftritt war die Fortsetzung des historischen Ereignisses am 14.05.2025 in Manchester, als Springsteen seine Europa-Tournee mit einer flammenden Rede gegen die Trump-Regierung seines Heimatlandes begann. Bevor hier alles erneut wiederholt wird, verweise ich auf den zusammenfassenden Beitrag des geschätzten Kollegen Matthias Halbig vom RND, der in einem weiteren Artikel auch die Folgen von Springsteens Rede beleuchtet hat.
Der Demokrat Bruce Springsteen
Wie anschließend bei Konzerten in Frankreich, ließ sich der gemeinhin als „The Boss“ titulierte Songwriter auch in Berlin nicht nehmen, Trump anzugreifen und für demokratische Rechte einzustehen, diesmal an mehreren Stellen des dreistündigen Konzerts verteilt und durch Vorkommnisse in den USA aktualisiert. Im Prinzip nichts Ungewöhnliches für den Mann aus New Jersey, der schon immer auf der Seite der Demokratischen Partei stand und sich in der Vergangenheit für diverse ihrer Präsidentschaftskandidaten einsetzte. Aber umso wichtiger und bedeutender in einer Zeit, in der ein komplett irrer Mensch zum zweiten Mal US-Präsident geworden ist und alles tut, um die Demokratie abzuschaffen und eine Art Diktatur umzuwandeln („Aber gerade geschehen Dinge, die das Wesen der Demokratie in unserem Land verändern und die zu wichtig sind, um sie zu ignorieren“). Seine Botschaft ist Springsteen wiederum so wichtig, dass er seine Ansagen auf der Leinwand in Deutsch übersetzen lässt.
Bruce Springsteen vs. Donald Trump
Die „The Land Of Hope And Dreams“ benannte Tour 2025, die nur aufgrund der Absage der Konzerte in Mailand und Prag letztes Jahr zustande kam, hat sich in seinem Wesen und Charakter komplett verändert. Standen in den letzten beiden Jahren die Themen Alter, Vergänglichkeit, Tod, Erinnerungen und Retrospektive im Vordergrund (Sounds & Books berichtete aus Düsseldorf, Hamburg und Hannover), so steht nun die Politik in den USA beim 75-Jährigen auf der Agenda. Immer wieder weist Springsteen auf die Gefahren und Auswirkungen der Trump-Politik hin und verändert seine Setlist im Vergleich zu den beiden Vorjahren lediglich an ein paar Stellen, um sein Anliegen zu konkretisieren.
Allein die Setlist-Auswahl verdeutlicht schon seinen Fokus, von „Land Of Hope And Dreams“ (mit dem Einbau von „People Get Ready“), über das düstere „Rainmaker“ – das in der Entstehung bereits auf Trump gemünzt war – die infernalisch dargebotenen „Youngstown“ und „Murder Incoporated“, bis hin zu „Long Walk Home“ (mit dem Satz „This is a prayer for my country“ eingeläutet) sowie den wiederum mit Ansagen über den Zustand des Trump-Amerika angekündigten „My City Of Ruins“ und „House Of A Thousand Guitars“.
Tour-Debüt „Two Hearts“
Bruce Springsteen wirkte noch entschlossener als während seiner letzten, sowieso schon hervorragenden Shows, noch kraftvoller, noch mutiger und noch dringlicher. Die E Street Band (Litte Steven zwischenzeitlich mit einer Gitarre in den Farben der ukrainischen Flagge) agierte mal wieder mit einer tighten Beherztheit, die einem oft den Atem raubte, und bestimme Songs trieben dem ein oder anderen sicherlich einige Tränen in die Augen (bei mir „Hungry Heart“, „The River“, „Long Walk Home“ und „Bobby Jean“). Springsteen und seine Band wirkten, als ob sie einen letzten Kampf für Gerechtigkeit, Menschenwürde und weitere demokratischen Werte ausfechten würden.
Für sein erstes Deutschland-Konzert 2025 ließ Springsteen, der nach eigenen Worten immer versucht hat, ein guter Botschafter seines Landes zu sein (was ihm zweifellos auch meistens gelang, jedenfalls gehört er seit vielen Jahren zu den sympathischsten und ehrlichsten Songwritern Amerikas), mit der Tour-Premiere von „Two Hearts“ aufhorchen. In Zeiten unter Trump („die wir auch überleben werden“) führte Bruce Springsteen Lieder wie „Death To My Hometown“, „Wrecking Ball“, „Badlands“ oder „Born In The U.S.A.“ in eine neue Dimension.
Amerikas Hoffnung heißt Bruce Springsteen
Springsteen ist und bleibt ein Hoffnungsträger Amerikas. Ein Hoffnungsträger, der Mauern einreißt (den Abschlusssong, das Dylan-Cover „Chimes Of Freedom“, widmete er den Fans aus Ost-Berlin, wo er 1988 in Weißensee ein legendäres Konzert spielte) und für den Hautfarben, gegen den Trend der rassistischen Politik seines Präsidenten, natürlich keine Rolle spielen. Bruce Springsteen ist wichtiger denn je und es bleibt zu hoffen, dass er mit der Unterstützung seht vieler Menschen seinen Kampf gewinnt. Mit solch einem phänomenalen Konzert wie in Berlin, das wie ein Donnerhall gegen Trump wirkte, und das trotz aller politischer Appelle selbstverständlich eine grandiose Rock’n’Roll-Show war, bleibt die Hoffnung am Leben.
(Fotocredit: Rob DeMartin, Bruce Springsteen, live 2025)