It’s „Boss“-Time, auch in Berlin
Text von Gérard Otremba
München hatte vorgelegt, Berlin zieht nach. Auch beim zweiten Deutschland-Konzert auf der „The River“-Tour von Bruce Springsteen und der E Street Band kommen die Besucher voll auf ihre Kosten. Wieder verwöhnt der „Boss“ seine Anhänger mit einem überwältigenden Auftritt von drei Stunden und zwanzig Minuten, dieselbe Länge also wie zwei Tage vorher in Olympiastadion zu München. In der Hauptstadt packt er am 19.06.2016 sogar noch zwei Songs drauf und kommt am Ende auf 33 Lieder. In der Intensität sind beide Auftritte ähnlich hoch zu bewerten, die Setlist variiert wie erhofft. Spielte in München das „Born In The U.S.A.“-Album mit sieben Songs noch die entscheidende Rolle, so gleicht in Berlin die „Born To Run“-Platte aus und erhält mit sechs Titeln den gleichen Anteil wie der 1984 veröffentlichten Millionenseller.
Statt mit „Prove It All Night“ beginnt Bruce Springsteen diesmal mit „Adam Raised A Cain“, gewaltige Riffs also gleich am Anfang, die anschließenden drei Songs wie in München, bevor ein mit mächtig viel Drive ausgestattetes „My Lucky Day“ Tour-Premiere feiert. Nach dem monströsen „Wrecking Ball“ zieht es Springsteen in die Menge, mit Schildern bewaffnet kehrt er auf die Bühne zurück und frönt dem beliebten Sign-Request-Teil der Show. „Night“ macht den Anfang, der Geburtstagswunsch „It’s Hard To Be A Saint In The City“ (samt atemberaubenden Gitarrenduell zwischen Bruce und Steve Van Zandt) folgt. Der Geist des Rock’n’Roll kommt über die Menge mit dem enthusiastischen „Spirit In The Night“ und dann ist es für Springsten an der Zeit, seine „creative fans“ zu loben. Der Wunsch nach „Candy’s Room“ wird mit einem selbstgebastelten kleinen Zimmer, mit „heroes on the wall“ (hier Bruce, Led Zeppelin und Dave Grohl) und viel Süßkram außenrum, untermauert. Wer kann da schon widerstehen, Bruce natürlich nicht, ein entfesseltes „Candy’s Room“ ist der Lohn.
Auch das donnernde „She’s The One“ ist neu auf der Setlist im Vergleich zu München, bevor zwischen „Hungry Heart“ und „My Hometown“die München-Reihenfolge wieder auftaucht. In Berlin jedoch gelingt Springsteen der dramaturgische Clou, auf „My Hometown“ „The River“ folgen zu lassen. Das sind dann die magischen Momente zweier ähnlicher und doch so verschiedener, aufeinanderfolgender Bruce Springsteen-Konzerte, nach denen seine Hardcore-Fans gieren. Früher war Springsteen die „Zukunft des Rock’n’Roll“, heute, mit fast 67 Jahren ist er immer noch die Hoffnung des Rock’n’Roll, und gleichzeitig der große, allmächtige Bewahrer. Wie Harp und Saxophon bei „The Promised Land“ miteinander harmonieren, das ist einfach Weltklasse. Der Endspurt wieder außer Rand und Band und mit den selben Songs wie in München(darunter erneut das fabulöse „Because The The Night“ und die Elvis-Hommage „Working On The Highway“), einzig die Bandversion von „Thunder Road“ fehlt.
Der Zugabenteil beginnt diesmal mit einem voluminösen „Backstreets“ und dann nur noch Party mit den üblichen Verdächtigen, die man täglich live erleben müßte, „Born In The U.S.A“, „Born Ton Run“, „Seven Nights To Rock“, „Dancing In The Dark“, „Tenth Avenue Freeze-Out“ und „Shout“. Leider vergehen die drei Stunden und zwanzig Minuten auch in Berlin wie im Flug und schon steht Bruce Springsteen wieder allein am Mikro und spielt die emotional nahe gehende Akustik-Version von „Thunder Road“. Eine größere Rock’n’Roll-Dosis ist nicht möglich. Bruce Springsteen gibt wieder alles, volksnah und menschlich wie immer. Trotz der Riesenstadien und Massen an Konzertbesuchern hat man das Gefühl, einem familiären Club-Gig beizuwohnen. Man kann nur hoffen, dass Bruce Springsteen, ähnlich wie 2012/13, die Tour verlängert und auch nächstes Jahr für zwei, oder drei Konzerte nach Deutschland reist. „Rock’n’Roll“ can never die“. (Beitragsbild-Credit: Columbia Records, Sony Music
Der Sound war auch in Berlin unterirdisch. Wir sind tieftraurig zur Hälfte gegangen.
Das ist sehr schade…
Alles richtig, aber der Autor geht nicht auf die Sound-.Probleme in München ein (hat er sie nicht bemerkt?) und auch nicht darauf, dass diese Setliste genausogut auch 2012 hätte kommen können. Eine River-Tour?! Leider nicht.
Ich fand den Sound an meiner Stelle nicht viel anders, als bei vielen anderen Konzerten. Und ja, ein River-Tour-Konzert wie in den USA war es nicht.