Bright Eyes: The People’s Key

Conor Oberst wieder mit Bright Eyes vereinigt

von Gérard Otremba

Die Vorfreude auf ein neues Bright Eyes-Album war groß. Immerhin sind vier Jahre seit der letzten Veröffentlichung der Americana-Indie-Band aus Omaha, Nebraska, vergangen. Conor Oberst, Kopf dieser losen Formation aus Freunden und benachbarten Musikerkollegen, ist ja ein Umtriebiger im besten Sinne des Wortes. Oberst begann bereits als Jugendlicher mit dem Komponieren, 1998 dann die ersten Plattenaufnahmen, noch im Teenager-Alter.

Conor Oberst, Kopf von Bright Eyes, als leidenschaftlicher Romantiker

Die erste musikalische Großtat folgte dann mit dem 2002 erschienen Album „Lifted or The Story is in the Soil, Keep Your Ear To The Ground“. Conor Oberst war ein Geheimtipp und im Jahr davor sah man ihn in kleinen Clubs als Support der schottischen Band Arab Strap durch Deutschland tingeln. Dem Rotwein durchaus zugetan, überzeugte Oberst als gequälter Romantiker, der in knapp 20 Minuten sein Innenleben vor dem staunenden Publikum ausbreitete. Alles was den Kosmos von Conor Oberst ausmacht war spürbar: das Barmende, das Flehentliche, das Dringliche, die Leidenschaft, die Romantik, die Direktheit. Die Musik von Bright Eyes traf einen mitten ins Herz und mit „Lifted…“ und noch viel mehr mit dem drei Jahre später veröffentlichten Album „I’m Wide Awake, It’s Morning“, hatte Conor Oberst restlos überzeugt und den Hörer abgeholt auf seinem Weg in eine bessere Musikwelt.

Conor Oberst auf Solopfaden

Genies wie Conor Oberst genießen dann schon mal Narrenfreiheit, ein Werk wie das ebenfalls 2005 erschienene „Digital Ash In A Digital Urn“, nichts weiter als elektronische Spielereien, verzieh man ihm großzügig. Schließlich konnte man doch jederzeit auf so fabelhafte Songs wie „Nothing Gets Crossed Out“ und „Laura Laurent“ auf „Lifted…“ oder „Old Soul Song“, „Another Travellin’ Song“, „Land Locked Blues“ und „Poison Oak“ auf „Awake“ zurückgreifen. Während „Cassadaga“ von 2007 eine Spur zu abgehoben geriet, fand Conor ein Jahr später auf seinem schlicht „Conor Oberst“ betitelten Solodebüt seinen Faden zur neuen Innerlichkeit wieder. Stücke wie „Cape Canaveral“, „Sausalito“, „Lenders In The Temple“ und „Danny Callahan“ waren hochemotional und berührten zutiefst. Seine Rock ’n’ Roll-Seite lebte er anschließend mit der Mystic Valley Band aus. Die gemeinsame Platte „Outer South“ war bester Dylan meets The Band-Rock und zeigte Obersts hohe Songwriterqualitäten unter anderem bei „To All The Lights In The Windows“, „I Got The Reason #2“ und “Difference Is Time“.

„The People’s Key“ zwischen Uptempo und Schwermut

Nachdem Oberst zwischendurch noch die Monsters Of Folk initiierte, nun also die neue Kollaboration mit den alten Weggefährten Mike Mogis und Nate Walcott, die den Kern von Bright Eyes bilden. Das neue Album „The People’s Key“ ist zwar nicht der riesengroße Wurf geworden, mit dem Conor Oberst nun plötzlich zum Liebling der Massen werden könnte, dazu entzieht er sich gekonnt jedweder Erwartungshaltung, einige formidable Songs bekommt man natürlich trotzdem wieder zu hören. „Shell Games“ zum Beispiel ist eine euphorische Uptempo-Nummer mit Hit-Potential, stünde jedem Mainstream-Radiosender gut zu Gesicht. Auch „Jejeune Stars“ überzeugt als geradliniger Rock-Pop-Gassenhauer mit dem typischen Bright-Eyes-Indie-Folk-Touch. Fröhlich gerockt wird auch bei „Triple Spiral“, während „Approximate Sunlight“ verloren, traurig und düster klingt. Sehr schwermütig kommt noch „Beginners Mind“ daher, fast zärtlich die Klavierode „Ladder Song“. „Haile Selassie“ erhebt sich opulent, verwirrt nachfolgend durch ungewohnte Rhythmik. Der Titelsong allerdings entrückt sich ins Nirgendwo und bleibt fremd.

Conor Oberst als Zukunftshoffnung

Mit „The People’s Key“ schlägt Conor Oberst mal wieder einen Haken. Für Bright Eyes-Verhältnisse dominieren fast schon die Keyboard- und Synthieklänge, den leidenschaftlichen Romantiker sucht man vergebens. Trotzdem gehört Conor Oberst neben Jeff Tweedy und seiner Band Wilco sowie Arcade Fire und, sofern er wieder mal einen Laut von sich gibt, Ryan Adams weiterhin zu den Hoffnungsträgern der intelligenten Popmusik. Und die Freude auf ein neues musikalisches Zeichen von Conor Oberst wird wieder groß sein

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