Brandon Can’t Dance: Graveyard Of Good Times – Album Review

Extrem verspielt und frisch: Brandon Ayres lockt mit einer köstlichen Mischung aus Indie-Pop, Post-Punk, 80ies Sounds und Alternative-Rock

Der Mann, der Brandon Can’t Dance zum Leben erweckte, heißt Brandon Ayres und konnte nach eigenen Angaben nie besonders gut tanzen. Mit dem Musizieren sieht es da schon anders aus. Nachdem der Songwriter aus Philadelphia bereits einige Underground-Alben online veröffentlicht hat, präsentiert er sich nun auf Graveyard Of Good Times mit 16 selbst aufgenommenen und produzierten Tracks vielseitig und voller Spieltrieb. Seine Zutaten: Alternative Rock, Post-Punk, 80ies, Indie-Pop und ruhigere Akustik-Klänge. Die Stimmungen auf Graveyard Of Good Times sind so vielschichtig wie die Arrangements und die Wahl der Themen ist geeignet, um diese zu transportieren. Es geht um jugendliche Sorglosigkeit, Liebe, verletzte Gefühle, Traurigkeit und Einsamkeit, wobei all die düsteren Elemente des Albums ein Gefühl nicht in sich tragen: echte Schwermut.

Und das, obwohl Ayres die Songs zwischen seinen Diensten als Nachtwächter in einer Reha-Klinik komponierte und diese nächtliche Arbeit durchaus Phasen des Alleinseins und Mangel an sozialen Kontakten mit sich brachte, so der Künstler. Dennoch: Ayres lässt spielerisch harte Industrial- und Post-Punk-Elemente zu fast schon weichen und tanzbaren Synthie-Pop-Stücken verschmelzen („Me Inside Here“), stimmt düstere 80ies-Pop Töne an („Pop Queen Of The Teen Scene“), setzt treibende und kratzige Gitarrensounds ein („Headspace“, „Don’t You Want To“) und kreiert groovigen Elektro-Pop, den man am besten im Cabrio hört, während man eine einsame Küstenstraße entlangfährt („Smoke & Drive Around“). Verschreibt er sich eher dem Alternative-Rock, kommen auch dabei äußerst unterschiedliche Stücke heraus.

So zum Beispiel das eher ruhige und weniger begeisternde „Rock Is Dead“, aber auch „So Deep, So Tortured, So Freak“, das zunehmend Tempo aufnimmt und durch den stark verfremdeten Gesang und schmutzigen Gitarrensound auffällt. In diese Kategorie fällt auch „The World Is Broken“ mit seinen zahlreichen Brüchen: melodiöse und monotone Staccato-Parts wechseln sich ab, die Stimme ist mal hoch und glockenhell, mal tief und angezerrt. Allgemein stellt das Wechselspiel zwischen starker Verfremdung und lieblichen Tönen ein wiederkehrendes Element dar, welches auch in „Obligatory Star Surfing Song“, dem einzigen Stück ohne Gesang und zweifellos einem der Highlights des Albums, zum Tragen kommt. Am wenigsten überzeugen die ruhigen Stücke, die stellenweise die Grunge-Ära vergangener Zeiten aufleben lassen („Angelina“, „Believe In Fear“), aber leider etwas behäbig und kraftlos wirken.

Stimmlich erinnert der teilweise androgyn anmutende Gesang häufig an Bloc Party-Sänger Kele Okereke. Ayres schafft es jedoch mühelos, die Stimmlage auch ohne Effektgeräte zu wechseln und beweist auch in diesem Punkt sein Können. Insgesamt breitet Ayres auf Graveyard Of Good Times eine große Spielwiese aus, auf der er sich austobt. Wenn man den Titel des Albums so deuten mag, dass all die guten Zeiten bereits begraben liegen, so sollte man dabei das Augenzwinkern nicht übersehen. Die ironische Lesart, die dem Hörer bisweilen subtil nahegelegt wird, erscheint so manches Mal textlich auch ganz offenkundig wie z.B. in „Where My Boys At“: „Where my boys at?/ Where my girls at?/ Get some pizza/ Watch the bands play“. Falls also wirklich alles so traurig und schlecht auf dieser Welt ist, sollte man die „Good Times“ von Zeit zu Zeit wieder ausgraben und eine aufregende Nacht erleben – den einen oder anderen guten Song dazu liefert Brandon Can’t Dance allemal.

„Graveyard Of Good Times“ von Brandon Can’t Dance erscheint am 13.01.2017 bei Lucky Number / Rough Trade.

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